Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 26. September 1820.
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Daß du blos eine Tagreise weiter von mir lebst, dieß gibt mir ordent
lich das Gefühl als wärst du hier gewesen
und dann abgereiset ....
Aber sieh, wie ich dich mit meinen
Kindern plage. Thu’ ichs nicht mehr
mit geistigen: so schick’ ich leibliche und statt des
Schwanzsterns meinen
Max ... Deine herzige Mutter, die keinen
Schritt mehr thun sollte als
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zu Blumen jeder Art — Wollte Gott, ich könnte dazu
setzen, einst wird
ein anderer dasselbe an deinen Kindern
thun! Und mehr als einer thät’
es auch, wenn du nur erst die
Anstalten dazu gemacht hättest. Die
Kinder deines Bruders —
bei welchem dich dieser Brief antrifft und
den und sogar dessen Gattin du in meine Seele hinein umarmen
sollst —
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sollten die Heidenbekehrer deines Cölibates werden.
Gewisse Familien,
z. B. deine, haben das Glück kräftiger
Abkömmlinge; aber dann ists
Sünde, wenn einer in der Familie
ein solches Glück nicht verewigt. Ein
samkeit — laß mich gar ausreden — fühlst du freilich jetzo nicht neben
den geliebtesten Eltern, aber einmal könnte dich doch die
Einsamkeit —
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was Gott lange verhüte — ereilen und dann wäre das Entfliehen
zu
schwer. — Alles steht um mich in gehöriger Blüte und
Frucht, sogar der
alte dicke Weidenstamm selber. — In Jungs Familie wirst du eine
höhere christliche Concordia finden
als nach allen Anzeichen die Schlegel-
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sche werden kann. Den Kometen
beweg’ ich froh und leicht im dritten
Elemente seiner Laufbahn fort, in welcher er sonst ohne dein
Lob bei
dem zweiten lange hätte weilen müssen. Es wäre dem
Bartstern aber
dienlich, wenn du noch etwas und zwar das
Leichteste thätest, nämlich
ihn rezensiertest. Niemand kann so
leicht und so bestimmt ein Urtheil70,10
fällen als du, der
du ihn so langsam Schritt vor Schritt durchgegangen,
ja der
du schon als dessen Restaurator dessen Kunstrichter warst — An
der Freimüthigkeit, die keine Maske des Lobs sondern reine Pflicht ist,
kann dir keine Freundschaft etwas beschneiden.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 26. September 1820. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_99
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Voß ab den 26 Sept. i: Wahrheit 8,258×. B: IV. Abt., VIII, Nr. 67? A: IV. Abt., VIII, Nr. 71.
Voß befand sich bei seinem Bruder Abraham in Kreuznach (vgl. Bd. VII, 479, Nr. 212) und wollte von dort aus wohl auch Jung in Mainz besuchen. 70, 5f. Friedrich Schlegel gab 1820—23 in Wien die Zeitschrift „Concordia“ heraus.