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Korrespondenz

Von Jean Paul an Karl August Freiherr von Hardenberg. Bayreuth, 5. Dezember 1815.

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[ Bayreuth, 5. Dez. 1815 ]
43,31

Auf dem großen Wege, wo Ihro D[urchlaucht] Länder retten,
vergrößern und beglücken und wo mit Ihrem Glanze zugleich der
Glanz eines Königreichs wächst, wagt doch eine kleine Bittschrift
Ihnen zu begegnen und Sie um einen Blick zu bitten. Seine Ma- 43,35
jestät der König haben mir im Jahr 1801 eine Anwartschaft auf44,1
eine Präbende allergnädigst zu ertheilen, und solche im Jahre 1805
auf meine erneuerte Bitte zu bestätigen geruht, wie beiliegende
Abschriften bezeugen. Heute wagt’ ich es, vor S[ein]e Königliche
Majestät mit der wiederholten Bittschrift zu treten. Während des44,5
Abflusses der 14 Jahre haben weder Verfall des Buchhandels noch
Druck der Kriege mich im Baue wissenschaftlicher und ästhetischer
Werke unterbrochen: eine Hoffnung, welche unter so schwierigen
Verhältnissen 14 Jahre alt geworden, darf sich vielleicht ohne Vor
wurf zu großer Jugend dem großen Staatsmann nahen, welcher44,10
zugleich der Gönner und der Günstling der Musen in so schönem
Grade ist. Wenn es nicht zu großes Vertrauen auf die verzeihende
Geduld Ihrer D[urchlaucht] ist, so füg’ ich noch hinzu, daß ich die
einzige fremde Unterstützung meines blos schreibenden Lebens, eine
Pension von 1000 fl. aus der Zivilliste des Fürst-Primas, seit dessen 44,15
Thronentsagung verloren habe; und daß deren Ersatz noch auf die
Entscheidung der hohen Verbündeten wartet, welche zugleich für
Gerechtigkeit und Wissenschaft gestritten. Mög’ es die überflie
ßende Güte eines warmen, auf politischen Höhen seltnen Herzens
verzeihen, daß ich von meiner kleinen Angelegenheit zu einem ganz44,20
Europa angehörenden Staatsmanne gesprochen, dessen, verdunkelte
Zeiten durchblickender Geist zuerst den Ariadnens Faden spann und
reichte, an welchem man den europäischen Minotaurus besiegte,
und der jetzo die Ableitungkette europäischer Gewitter wurde! —



Mit tiefer Ehrfurcht u.s.w.
44,25
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Karl August Freiherr von Hardenberg. Bayreuth, 5. Dezember 1815. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_119


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Textgrundlage
D: Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954. Briefnr.: 119. Seite(n): 43-44 (Brieftext) und 348 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K (von Emmas Hand): An Hardenberg d. 5. Dec. i: Beilage zur Leipziger Zeitung, 1. Sept. 1881, Nr. 70.

44,11 Günstling der Musen: Hardenberg hatte z. B. gelegentlich des Besuchs des preußischen Königspaars in Alexandersbad im Juni 1805 ein Festspiel „Philemon und Baucis“ gedichtet.