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Korrespondenz

Von Jean Paul an Emma, Caroline, Max und Odilie Minna Richter. Regensburg, 22. August 1816.

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Regensburg den 22. Aug. (Donnerstags) 1816

Meine gute Caroline! Ich danke dir für dein so frühes Blättchen. Im Briefe an Emanuel—Otto findest du meine Hauptneuigkeiten; daher ließ [!] ihn und den beiliegenden von Primas vorher durch, ehe du beide abschickst. — Mein alter Himmel dauert fort. Aber eben darum soll er nur 3 Feiertage, nämlich 3 Wochen haben; und am 4ten Sept. werd’ ich abreisen, dir es aber vorher noch einmal schreiben. Täglich werd’ ich dem Fürsten 3 bis 4 fl. kosten, was zwar in seinen Augen wenig ist, aber nicht in meinen. Das Essen hier ist so trefflich wie das hohe prächtige Himmelbett, das mir (ob wol Matrazen) sogleich das erste mal recht gemacht wurde. Der Gasthof übertrifft ein paarmal unsere Sonne. — Adressiere alles unfrankiert. — Auch bemerke mir den Tag des Empfangs dieses Briefs und schicke deinen — auf den ich recht sehnsüchtig passe — nur an den 2 Tagen, wo die Post nicht über Nürnberg geht. — Nimm dir ja Wein aus dem Keller nach deinem Bedürfnis. — Grüße die Lochner; der Primas trank in der Abendstunde ihre Ge sundheit mit mir; auch hat die Taxis und Görz sich mit Theilnahme nach ihren Leiden und Freuden erkundigt. Ihre Lucretia konnt’ ich wegen zu später Ankunft nicht besuchen; thu’ es aber auf der Rückkehr. — Emma darf nicht länger als 14 Tage weg bleiben, deinet wegen und sonst. Sie verwöhnt sich zu sehr (jetzo das 3temal) an das Auswärts. Max empfand die Ferne des elterlichen Hauses viel schmerzlicher. —

Schreibe mir alles Vorgegangne — Kinder — Stuben — Leute — Sachen — Magd — Fremde betreffend. — Im Briefe an E. und O. findest du das Rechte. Der Fürst sagte mir sogleich in der ersten Audienz vor vielen, er habe so viel Gutes von dir gehört; später sprach er auch von dem Schlaf- und Kuß-Mährchen unserer ersten Bekanntschaft. — Die Soldatenstube kannst du nicht entbehren. Lasse die Kinder den Garten schonen und andere ihn bepflanzen, da der Herbst sehr schön und befruchtend sein wird. — Wie himmlischschön ist das Bild der Gräfin Schlitz im Zimmer ihres Vaters! Wie verklärt-schön das sieche ihrer Mutter! — So lebe denn wol, meine liebe Caroline, nach der ich mich wieder so sehne wie sonst bei meinen kurzen Abwesenheiten. Müßt’ ich nur nicht mitten unter meinen Freuden dich in bloßen Arbeiten denken! Aber wahrlich ich will deine Gegenwart — und vollends die Vergangenheit dazu — dir so gut zu vergüten suchen als ich mit neuen Entschließen nur kann.


R.
[auf besonderem Zettel:]

N. S. Seelig machen würdest du mich, wenn du ein Bettgestelle nach deinem Geschmacke bestellen und es an meines rücken wolltest bis wenigstens zu den langen Nächten, wo die Kinder schwer ohne dich zu bleiben hätten. Sei wieder verzeihend und thu’ es. Eben komm’ ich von meinem lieben warmen Primas.

Mein gutes Emmalein! Habe Dank für deinen lieben, mit der Feder und dem Kopfe schön geschriebnen Brief. Ich hab’ ihn dem Primas vorgelesen und auch gesagt, daß du deine Puppe recht or dentlich hältst. — Sei ja mit dem Abschreiben fertig. — Guten Tag, Odilia und Max!

Meine gute Odilia! Du hast mir eine rechte Freude, einen ordentlichen Morgenkuß gegeben durch dein langes Briefchen! Sei nur recht gut gegen die Mutter und den Bruder. Ich bringe dir etwas mit. Jetzo ists abends kurz vor dem Essen und du liebes Kind bist nicht neben mir auf dem Kanapee und ich möchte dich heute abends noch einmal küssen und muß so lange warten.

Mein alter Max! Ich habe dem Primas gesagt, daß du fleißig bist und etwas kannst. — Auch dir bring’ ich etwas mit, sage mir aber was. Bleibe ja so gut gegen die Mutter als sie mir selber geschrieben; und sei es auch gegen die Schwestern. Diese und du sollen mir, wenn ich komme, eine ½ Stunde entgegen gehen, damit ihr fahren könnt.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Emma, Caroline, Max und Odilie Minna Richter. Regensburg, 22. August 1816. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_213


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Textgrundlage
D: Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954. Briefnr.: 213. Seite(n): 82-83 (Brieftext) und 364 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin JP. 4 S. 8° und 4 Zettel (1 mit der Nachschrift, je 1 an die Kinder). J: an Karoline: Nerrlich Nr. 139×; an die Kinder: Wahrheit 8, 75 und Nerrlich Nr. 141 (irrig zu Nr. 216 gestellt, vgl. 84, 34). B: IV. Abt., VII, Nr. 37. A: IV. Abt., VII, Nr. 39. 82,16 2 Tagen] aus Posttagen 83,1 bei] aus nach

82,20 Lucretia: vgl. zu Nr. 90; sie scheint damals in Amberg gewesen zu sein, wo J. P. auf der Hinreise übernachtet hatte. 22 Emma war mit Jean Pauls Einwilligung in Hohenberg bei Frau von Schubaert (s. zu Nr. 356); Karoline hatte sie, wie sie schrieb, schweren Herzens entlassen, da sie fühlte, sie werde sie nötig haben. 30 Schlaf- und Kuß-Mährchen: vgl. Wahrheit 6, 161. 34 Gräfin Schlitz: s. zu Nr. 73. 83, 15 Abschreiben: vielleicht schon fertige Teile des „Happel“. 17f. Odilie hatte über ein Gewitter und Feuer in Bayreuth berichtet. 25f. Karoline hatte geschrieben, Max sei besonders lenksam.