Von Jean Paul an Caroline Richter. Frankfurt a. M., 12. Juni 1818.
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Meine geliebte Karoline! Dein Brief an deinem lieben Geburt
tage hat mich unter allen deinen Briefen am meisten erfreuet.
Hier
siehst du, wie ich immer an Baireut denke und
schreibe, und sogar
203,5
Vormittags, weil mir selten ein Nachmittag gelassen
wird. — Immer
ketten mich, wenn ich
[mich] auch auf Abreise vorbereite, neue
Ein
ladungen wieder an, so z. B. die
Eßladung des baierschen Gesandten.
— Ich kann dir nicht sagen, wie ich mich wieder nach Hause
sehne.
— Der Hofrath Jung, dein Liebhaber, ist hier. Das
beiliegende
203,10
Gedicht, wovon ich noch 12 Exemplare habe, wurde in
einem Eß
kongreß von 80 Menschen mit
vorgesungen. Das Mehre sieh in
Emanuels Brief. — Meine Pension ist bezahlt worden. Hast
du
sie von Münch bekommen? Er muß dir
aber gerade 250 fl. geben,
denn die Provision (1 rtl.) hatt’ er schon neulich
abgezogen. — Sage203,15
mir doch, welche Musikalien ich der
Emma kaufen soll — dann was
Odilien — dann was dem Max — ja was
der Magd. Sitzt diese
noch auf ihrem alten moralischen Dienst-Thron? — Das
Trankgeld
hab ich dem Fuhrmann geben lassen. Aber das
Fuhrlohn von 18 fl.
schicke lieber zu Schaller, mit
welchem ich ja eigentlich kontrahiert
203,20
habe. — Bei der Verrückung des Repositoriums bringt
ja mein
Wetterglas an einen sichern Ort. — Nie hab’ ich
einen so reizenden
Junius erlebt. Aber so geschmückt die
Gegend ist, kann ich alles
doch nicht so wie in Baireut genießen, aus Mangel eines Garten
am Morgen. — Den Brief an Welden
gib meinem Bruder. —
203,25
Odilie ist doch wieder hergestellt? Die ungewöhnliche
Witterung
brütet Krankheiten aus, z. B. in Heidelberg bösartige Masern.
Im Falle jeder nur halb bedenklichen Krankheit rufe den
Doktor,
weil ich fehle. — Meinen dicken Brief mit dem
Wasserfeste hast du
doch erhalten? — Du kannst dir denken,
liebes Weib, wie meinem203,30
Herzen und Auge mitten in der
großen Gesellschaft bei der 7ten
Strophe des Jungischen Liedes war; und doch mußt’ ich Herr
über
die stärksten Gefühle und Erinnerungen bleiben. —
[ Schluß fehlt ]
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Caroline Richter. Frankfurt a. M., 12. Juni 1818. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_423
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 3 S. 8°; der Schluß abgeschnitten (vgl. Nr. 416); die Nachschrift steht unten auf der 1. Seite. J: Nerrlich Nr. 159×. B 1: IV. Abt., VII, Nr. 119. B 2: IV. Abt., VII, Nr. 120. A: IV. Abt., VI, Nr. 130. 203,7 ketten] aus halten 14 muß] davor gestr. darf 17 Sitzt] aus Bleibt 28 jeder] davor gestr. einer nur halb] nachtr.
Angekommen Dienstag, 15. Juni. Karoline hatte in B 1 noch eine bittere Bemerkung darüber gemacht, daß er allein (ohne sie) nach Heidelberg reise. In B 2 verspricht sie, ruhig zu sein und seine Heiterkeit nicht mehr zu stören. 203, 14 Münch: s. 24, 13†. 18—21 Vgl. 194, 11f.; Karoline hatte geschrieben, der Kutscher habe den Fuhrlohn von ihr gefordert. 26 Odilie hatte Zahn- und Halsschmerzen gehabt. 31f. Die 7. Strophe des Jungschen Liedes feiert Jean Pauls Frau und Kinder.