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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 1. Mai 1815.

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Baireuth d. 1. Mai 1815

Ihr Schweigen über meinen Aufsatz gegen den Nachdruck war mir fast lieber als das Schreiben. Denn jenes entstand durch Ihr Sprechen auf dem Landtag, welches mich, sogar in den zu kurzen Auszügen in Zeitungen, durch Kraft und Muth und Durchblick erfreuete, zumal da Sie alles, wie einer meiner Freunde schreibt, nicht an luftige Theorien sondern an das alte urkundliche Recht und Besitzthum anzuschließen scheinen.

Bei dem Aufsatze über den Nachdruck hab’ ich mich nicht „„in der Bogenzahl überschätzt““, sondern ich rechnete so: nach unserem schon lange bestehenden Vertrage wird der Druckbogen des Morgenblattes auf Druckbogen des Schmelzle zurückgeführt, von welchen jener etwa 3 oder 3½ enthalten mag und für deren jeden Sie mir 5 Ld. bisher gegeben. Nun machen 12 Quartseiten einen Schmelzle- Druckbogen; ich glaubte Ihnen also in den 40 oder 42 Quartseiten ungefähr 3½ DruckbogenNach Ihrem Briefe machen diese 40 Quartseiten im Morgenblatte 1 Bogen zu 5 Ld. Kaum die leere Wüsten-Breite eines Launs oder die Faust eines französischen Übersetzers wäre damit bezahlt, würd’ ich sagen, wenn überhaupt Sie nicht schon längst anders mit mir gerechnet hätten, und wenn Sie nicht auf Kosten Ihrer Kasse und fremder Lese-Augen den Käufern Geschenke machten. zu schicken, foderte aber statt der bisherigen 5 L.d’or bei der bessern Zeit 6 wie für den Damenkalender, zumal da Sie dieselbe Rechnung bei der „Wahlkapitulazion“ hatten gelten lassen.

Jetzo aber, da der Aufsatz schon gedruckt ist, überlass’ ichs Ihnen, ihn nach dem Schmelzle’s Konvenzionfuß zu berechnen, oder nach dem neuern. — Den beifolgenden Aufsatz hingegen reduzieren Sie blos auf den gedachten Konvenzionfuß nach unserem alten Kommerzientraktat, den ich Ihnen schon einmal zur Wiederansicht zurück geschickt, wiewol Sie nichts vergessen.

Ich bitte Sie, diesen Aufsatz recht bald zu geben, weil der Scherz in der nahen Zukunft des 30ten Juny liegt. Auch wär’ es gut, wenn er blos in 2 Hälften getheilt gegeben würde. — Übrigens ist jetzo meine alte Abneigung gegen das Zeit und Plane fressende Aus arbeiten einzelner Aufsätze dermassen gesteigert, daß das Morgen blatt, in welchem ich mich bisher zu breit gelagert, in Langem nichts von mir zu besorgen hat.

Ich bitte Sie mir von Ihrem trefflichen „Beobachter“, von welchem ich ungeachtet seines doppelten Daseins allhier doch meinen Traum über den 18ten Oktober nicht erhalten kann, diesen für Geld und gute Worte zu schicken.

Sehr dringend ersuch’ ich Sie, mir meine bei Ihrer Ordnung so leichte Rechnung über alles Gelieferte (exclusive der Herbstblumine, welche Sie übrigens früher unter die Presse gegeben als Napoleon die Jungfer Europa und die also nicht unter die neuen Werke gehören kann, die Sie vor Ende des heiligen Krieges nicht anfangen wollen) zu schicken und mir das Wenige, was ich noch bekomme, in einer Anweisung auf Augsburg oder Frankfurt zu übermachen.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Besorgung meiner Briefe. Jetzo erst weiß ich, daß unter allen Dichtern, die bisher über unsern Schlachtfeldern sangen und flogen, Stegemann am höchsten geflogen und gesungen.

Leben Sie wol und schreiben Sie bald!


Ihr Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 1. Mai 1815. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_54


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Textgrundlage
D: Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954. Briefnr.: 54. Seite(n): 21-22 (Brieftext) und 339 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Cotta-Archiv. 4 S. 4°. Präsentat: 6 Mai 1815, [beantw.] 20 —. K 1 (gestr. Konzept): Cotta d. 15 Apr. nach Leipzig. K 2: Cotta 1 Mai. Über Walchern 16 □ blätt. stark. A: IV. Abt., VII, Nr. 7. 21,14 3 oder] nachtr. H deren jeden] aus welche H 22,4 allhier] aus hier H 9 gegeben] aus gaben H 12 schicken] aus machen H

Mit dem zu Nr. 46 genannten Aufsatz, der im Morgenblatt vom 17. bis 19. Mai 1815, Nr. 117—119, erschien. Cotta war in den neuen württembergischen Landtag gewählt worden. 21, 12 Vertrag: s. Bd. VI, Nr. 135. 25f. schon einmal zurückgeschickt: s. Br. VI, Nr. 897, 388, 21f. 33 Laun: vgl. Bd. VI, Nr. 826, 358, 10. 22, 5 Traum im „Beobachter“: „Ein deutscher Jüngling in der Nacht des 18. Oktobers 1814“; s. Bd. VI, Nr. 956†. 16 Stegemann: s. Nr. 28†.