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Korrespondenz

Von Jean Paul an Carl Friedrich. Bayreuth, 17. November 1809.

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Durchlauchtigster Erbprinz, Gnädigster Erbprinz und Herr!

Der Verfasser dieser Doppel-Zueignung hat zwei Entschuldigungen derselben, wenn nicht zehn.

Die erste ist, daß er einmal seelig, nämlich einige Jahre in Weimar war — und daß er unter den geistigen Freuden des deut schen Resonanz-Athens auch die der Bekanntschaft mit Ihrer Herzoglichen Hoheit genoß. Diese Freude und diese Zeit kehrt ihm lebendiger um durch das Schreiben an einen Fürsten, welcher einst den Glanz der Musenstadt fortsetzt und welcher von mehr als einer Reise die Erfüllung der schönsten Wünsche mitbrachte, die Ihm Schiller und Vaterland nachsandten.

Die zweite Entschuldigung machen die blos geschriebnen Buch staben, welche erst der Beifall Ihrer Hoheit und des Publikums in gedruckte verwandeln kann bei einer zweiten Auflage. In dieser ernsten Zeit — die Ahnenprobe deutscher Fürsten und Völker —, welche mit Vielem spielt, aber nicht mit sich spielen läßt, darf kein Autor ohne Erlaubnis einen Fürsten gleichsam wie bei einem Friedensschluße, öffentlich zum Garanten dedizierter Meinungen machen.

Dämmerungen Deutschlands einem deutschen Fürsten widmen, heißt Hoffnungen zueignen und unter jenen nur die morgendliche meinen, welche in den Tag verschmilzt.

Möge für Sie etwas in meinen Werken gewesen sein, das die Wahl dieser Entschuldigungen wieder entschuldigt!


Ihrer herzoglichen Hoheit unterthänigster
Jean Paul Fr. Richter
Bayreuth d. 17. Nov. 1809 .
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Carl Friedrich. Bayreuth, 17. November 1809. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_190


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 191. Seite(n): 70-71 (Brieftext) und 453-454 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Thür. Staatsarchiv, Abt. Großherz. Sächs. Hausarchiv. 4 S. 4°. K (Konzept): Fasz. 26. 6½ S. (mit Nr. 191). 4° (defekt). i: Wahrheit 7, 145—149 (ohne Datum). J: Jean-Paul-Blätter, 19. Jg., 1944, S. 19f. A: IV. Abt., VI, Nr. 55 und 56. 70, 27f. Herzoglichen] hochfürstlichen danach gestr. Durchlaucht K 28 genoß] aus gewann. danach zuerst ... Sie verließen bald darauf das Vaterland, um statt der Knospe die Rose [verb. in die Knospe als Blüte] mitzubringen, und 〈aber〉 nicht blos Schillerische Wünsche, sondern auch deutsche [nachtr. und meine] haben Sie begleitet [verb. in sind Ihnen nachgefolgt], und jeder wollte Weimar verewigt sehen durch Fürsten. K 29 um] davor wieder K einen] den K 33 bis 71, 1 zuerst Meine zweite Entschuldigung sind Schreiblettern statt der Drucklettern. Eigentlich kann nur das Publikum zueignen, durch zweite Auflagen, nämlich durch seinen Beifall. Erhält das Werkchen diesen [nachtr. und den Ihrigen]: so darf das Geschriebne 〈Handschriftliche〉 gedruckt vor Sie treten. K 34 welche] aus denen K 71,1 in] fehlt K verwandeln] aus machen K 3 Vielem] aus vielem H, vielem aus allem K 5 danach gestr. Sieben Ent schuldigungen/ Die dritte bis achte Entschuldigung bleibe weg, um der neunten Platz zumachen, da sie zur zehnten führt. K 6 einem deutschen Fürsten] aus Ihnen K 7 Hoffnungen zueignen] aus hoffen K morgendliche] aus des Morgens aus heller werdende aus frohere K 8 in den Tag verschmilzt] aus den Tag verkündigt aus den Tag anfängt. danach durchstr. (Wenn Ihre hochfürstliche Hoheit mir eine Verzeihung gewähren: so bitte ich Sie, mir eine nachahmende zweite bei Ihrer kaiserlichen Hoheit auszuwirken.) Aber der [gestr. Verfasser und] Zueigner bedarf zwei Verzeihungen [aus mehr als eine Verzeihung]. Haben Sie ihm eine gewährt: so bittet er, daß ihm zum zweiten male vergeben werde von Ihrer [gestr. hochverehrten] Gemahlin... Möchten Sie mir Ihre Verzeihung gewähren und diese zum Muster einer zweiten [nachtr. aus Lausanne] machen! K 9 gewesen] nachtr. K 11 herzoglichen] aus hochfürstlichen K

Der Erbprinz, den J. P. im November 1798 in Weimar kennengelernt hatte (s. Bd. III, Nr. 155), nahm in A die Dedikation mit verbindlichem Dank an, verbat sich aber die zu schmeichelhaften Poesien. Die Erbprinzessin dankte kühl und förmlich für das Verbindliche der Zuschrift und versicherte, daß Jean Pauls Werke ihr vielen Genuß gewährten. Vgl. 84, 3†. 70, 32 Schiller: J. P. denkt wohl an „Die Huldigung der Künste“, wozu allerdings der Ausdruck „nachsandten“ nicht paßt. 71, 6—8 Dieser Absatz ging fast wörtlich in den Vorbericht zur Zueignung der Nachdämmerungen über (I. Abt., XIV, 189). S. auch Nr. 191.