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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 9. Januar 1810.

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Bayreuth d. 9. Jenn. 1810

Erfreulich war mir Ihr letzter Brief, blos die Nachschrift von der literarischen Douane ausgenommen. Ich bitte Sie sehr, mir den Namen des Mannes zu sagen. Ich zweifle, ob Ihre Appel lazion an den König ihn und meine Aufsätze zu bessern dienen werde. Eine solche Zensur kenn’ ich in ganz Deutschland nicht, Wien etwan ausgenommen. Immer lieber bin [ich] ungedruckt als verdruckt und mit seinen Dintenflecken besudelt. Was soll sich ein Leser bei den Tabatièren (in der Baurede) und bei dem Schluß (in der Sylvesternacht) denken als höchstens dieß, daß ich da nicht denke? Können Sie also die Freiheit des unver—stümmelten Drucks nicht erhalten: so senden Sie mir die Aufsätze zurück, damit ich entweder den Verstümmlungen durch organische Zusätze abhelfe, und alles Ihnen wiederschicke, oder, wenn jene zu unförmlich wären, die Aufsätze mit der Angabe des frühern alibi anders wo drucken lasse. Zuletzt zwingt er mich, öffentlich ihn anzureden, eine Anrede, welche eben keine Dedikazion für ihn sein würde.

Hab’ ich am Hofe Freunde meiner Werke: so ist die Sache leicht abgethan.

Für Ihren reichen Kartenkalender dank’ ich sehr. Ich und dieser Künstler müssen zusammen einmal eine komische Handlungs-Reihe wie Hogarth gab, verabreden. Hätt’ ich nur erst Zeit! — Schon seit Jahren sinn’ ich für Sie auf zwei Taschenbücher von mir allein, eines: Taschenbuch für Männer; das andere: Taschenbuch für Weiber; — und welche beide zugleich herauskämen. Nur ist das letztere schwerer zu schreiben.

Leben Sie wol, verdienstvoller Deutscher!


Ihr Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 9. Januar 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_221


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 222. Seite(n): 84-85 (Brieftext) und 460 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Cotta-Archiv. 2½ S. 4°; 4. S. Adr.: Herrn Buchhändler Cotta/ Tübingen/ fr. Dünkelsbühl. Präsentat: 20 Jan.; [beantw.] 25 —. K: Cotta d. 9. Jenn. B: IV. Abt., VI, Nr. 59. A: IV. Abt., VI, Nr. 63. 84,21 besudelt] aus ausgelöscht H 28 frühern] nachtr. H 85,1 für Sie] nachtr. H

Cotta hatte sich in B sehr befriedigt über die „12 Aufsätze“ geäußert, „besonders da wir von der Zensur höchstens bei einer Stelle etwas zu besorgen haben“, in der Nachschrift vom 30. Dezember aber melden müssen, der Zensor habe so viel gestrichen, daß man nur die Hälfte unverstümmelt habe bringen können; er werde den Vorfall dem König anzeigen und Genugtuung verlangen. Nach A hieß der Zensor Schübler. Tabatièren: s. I. Abt., XVI, 106, 5; der Zensor hatte „von Fürsten“ gestrichen. Kartenkalender: im Cottaischen Verlage erschien seit 1804 jährlich ein sog. Kartenalmanach (für Kartenspieler); die Zeichnungen des Kalenders von 1810 stammten von Osiander. zwei Taschenbücher: Vorarbeiten dazu in Fasz. 16. Cotta erklärte in A sein Einverständnis, wozu J. P. am Rande anmerkte: eigentlich mein alter, durch alle meine Bücher verkleidet reisender Dualismus von Spaß und Ernst.