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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, Februar 1810.

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Bayreuth d. 4. Jenn. [vielmehr Febr.] 1810

Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen — aber jedes von Ihnen ist mir ein angenehmes — hab’ ich in Betreff der letzten Sendung für das Morgenblatt zu sagen, daß der unabgedruckte Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. — Meine künftigen vermischten Schriften geb’ ich Ihnen mit Freuden — um so mehr, da so viele Aufsätze aus Ihren Verlags-Zeitschriften darein kämen —; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Messen kanns[!] ich nicht aus Zeit-Mangel. Zimmer gibt zur M[ichaelis] M[esse] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. — Für Perthes vaterländisches Museum hab’ ich ein ziemliches Paquet „Nach daemmerungen für Deutschland“ abgeschickt. Sollte etwann diese Zeitschrift gar nicht zu Stande kommen: so send’ ich jene Ihnen als Nachschrift zu den Daemmerungen oder als kleines 2tes Theilchen derselben.

Hier leg’ ich ein Blättchen von meiner Schwägerin Minna Spazier an die Redakzion bei, eine Rezension der Urania betreffend. Sie beklagt sich sehr über diese. „Ein Schulze, auch Mitarbeiter des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiischere ohne ihr Wissen eingesandt.“ Ich weiß von nichts als von der Urania selber, worin ich gerade die „Briefe eines genialen Frauenzimmers“ so anziehend gefunden als früher in Berlin die Urbilder dazu so abstoßend. Übrigens kann ich schon als Verwandter, und aus vielen andern Gründen kein Wort für Urania im Morgenblatt sagen; aber dieß bitt’ ich Sie und die Redakzion, das Urtheil Schulzens darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht gelesen. Der unparteiische Mann widerspricht sich selten; aber die unparteiische RezensurAnstalt widerspreche sich recht oft; und nichts war mir von jeher in Literatur-Zeitungen erwünschter und achtbarer, als in der näm lichen zuweilen 2 widersprechende Rezensionen 1 Buchs aufgenommen zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widersprechen ja auch — nun so ahme das Journal es nach. — Minna Sp. gehört übrigens unter die genialsten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die Stael aus genommen.

Wagners beide neueste Werke hab’ ich noch nicht erhalten.

Leben Sie wol, lieber Cotta! In der nächst-vorigen und jetzigen Zeit haben Sie als wahrer deutscher Patriot gearbeitet und (merkantilisch) gewagt.


Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Die Ober-Zensur des Unter-Zensors bitt’ ich Sie mir sogleich zu melden, ich müßte sie denn aus dem Morgenblatt er rathen können.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, Februar 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_224


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 225. Seite(n): 86-87 (Brieftext) und 461 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Cotta-Archiv. 4 S. 8°. Präsentat: Empf. 14 Jan. [!] K: Cotta 4 Febr. [aus Jenn.] J: Cotta 1, 387×. B: IV. Abt., VI, Nr. 63. 86,6 kann] aus könne H 8f. Zeitschriften] aus Zeit- und Jahreswerken H 15 kleines] nachtr. H 19 Schulze] davor gestr. Fr. H 23 anziehend] aus trefflich H 29 widerspreche sich recht] aus widerspricht gern H 30f. in der nämlichen] aus darin H 34 Schreib-] aus Buch- H

Cotta hatte gebeten, das Manuskript der zensurierten Aufsätze bis zur Entscheidung der Sache behalten zu dürfen. Er sei gefragt worden, ob er Jean Pauls Vermischte Werke verlege; „Sie können dieß beantworten.“ Zimmer: vgl. Nr. 166†. Rezension der Urania: in der „Übersicht der neuesten Literatur“ Nr. 22 (Beilage zum Morgenblatt Nr. 302 vom 19. Dez. 1809); Jean Pauls „Erdkreis-Relazion“ wird darin „ein wenig langweilig“ gefunden, die „Briefe eines genialen Frauenzimmers“ (von Minna Spazier) werden lächerlich gemacht. Der ungenannte Rezensent war vielleicht Kuhn, vgl. Nr. 243. Schulze: wohl Friedrich Laun; diese Rezension scheint nicht erschienen zu sein. Wagner: vgl. die Nachschrift von Nr. 210 und IV. Abt. (Br. an J. P.), VI, Abb. Nr. 3; Cotta hatte am 27. Dez. 1809 geschrieben: „Die Wagneriana sollen an Sie bereits abgegangen seyn.“