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Korrespondenz

Von Jean Paul an Charles Villers, de. Bayreuth, 19. Juni 1810.

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Bayreuth d. 19. Jun. 1810

Geliebter Villers! Dieses eilig geschriebne Blättchen bringt Ihnen Mde Laffont; deren Seele viel Ähnliches von ihrem Ge sichte hat und schön ist. Obgleich Frau eines französischen Kapitäns, ist sie doch eine deutsche geblieben an Gesinnung und Art. Schicken Sie mir nur bald die Belohnung, nämlich eine schöne Seele, die mir von Ihnen noch mehr erzählt als diese Ihnen von meiner Frau und meinen Kindern erzählen wird.

Hier leg’ ich Ihnen die kopierte Bitte an den Herzog von Gotha bei, den ich darin nach seiner seltsamen obwol genialen Natur be handeln mußte. Ich schweige vor Ihnen so lange als er schweigt; aber dieß wissen Sie, daß sein Ja auf unsern Doppelwunsch Ihnen sogleich aus meiner Hand zufliegen würde; dieß wäre für mich der froheste Brief, den ich anno 1810 schriebe.

Ihr Werkchen über Luther — wofür ich danke — macht mich desto begieriger auf Ihr Werk über ihn; komm’ es nur bald!

Eben so freu ich mich auf das Werkchen, worin Sie als SauveGarde sich und mich vor und gegen Ihre Landesleute steller. wollen, wie Sie schon in anderem Sinne in Lübeck gethan. Wollen Sie mir vorher das Manuskript zuschicken, so werd’ ich Ihnen aus einer Ursache danken, die Sie schlechterdings nicht errathen können, die ich Ihnen aber künftig sagen werde; denn an und für sich bedarf es dieser Zusendung nicht, da Sie Deutsch schreiben wie ein Deutscher und Französisch wie blos der kräftigere Franzose; und ich weiß, daß wenn es für mich einen Übersetzer ins Französische gibt, (oder auch einen Rezensenten), daß Sie es sind.

Bernadotte Meinen Brief an Bernadotte können Sie drucken lassen, wenn der Brief es verdient. Sie dürfen viel, weil Sie noch mehr können. ging nicht durch Bayreuth, also konnt’ er meine Bitte nicht erfüllen; aber auch bei dem Durchgange hätt’ ers nicht gekonnt; und ich hätte sie gar nicht thun sollen, da man jede Frei heit im Kriege leichter erlangt als die von Einquartierung. — Unter Maitre du greffe meint’ ich einen Kammer-Registrator.

Ich war nie in Göttingen. Aber jetzt möcht’ ich wol da sein und Ihnen meinen Brief und mich selber bringen. Freilich wird die schöne Überbringerin Ihnen mehr Vergnügen geben; aber der Überbringer würde ein größeres haben.


Ihr Jean Paul Fr. Richter
[Adr.] A Monsieur Charl. Villers, homme de lettres, homme et — qui est plus — Villers à  Gottingue.
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Charles Villers, de. Bayreuth, 19. Juni 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_291


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 292. Seite(n): 112-113 (Brieftext) und 474 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Stadtbibliothek Hamburg (Slg. Campe). 4 S. 8°; Adr. auf einem Kuvert, dessen Zugehörigkeit durch K gesichert ist. K: Villers 19 Jun. J: Magazin f. d. Literatur des In- u. Auslandes, 1884, Nr. 27. (Adr. s. zu Nr. 354.) 112,19 und schön ist] nachtr. H 22f. meiner Frau und] nachtr. H 33 sich und] nachtr. H Landesleute] so auch K (auch I. Abt., XIV, 11,17 ) 113,3 künftig] aus nachher H 5 blos] aus nur H 33f. der Brief es] aus ers H 34 dürfen viel] unterstr. K

Mad. Laffont: vgl. FB Nr. 15. Werkchen über Luther: s. zu Nr. 281; Villers plante ein größeres Werk über Luther, das unvollendet blieb. Sauve-Garde: Villers hatte also wohl die Erfüllung von Jean Pauls in Nr. 231 geäußertem Wunsch in Aussicht gestellt; sein früher Tod (1815) hat ihn nicht dazu kommen lassen. In Lübeck hatte Villers im November 1806 die Einwohner mutig gegen die plündernden Franzosen verteidigt. Bernadotte: vgl. zu Nr. 231; als Maitre du greffe hatte Jean Paul in dem Brief an B. seinen damaligen Hauswirt Schramm bezeichnet.