Von Jean Paul an Friedrich Freiherr de la Motte Fouqué. Bayreuth, 30. Juni 1810.
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Ihr treffliches Werk hab’ ich erhalten, aber gegen Ihre Ver-
muthung, wenn nicht gar besser, doch eben
so schön als den ersten
Theil gefunden, und darüber in der
Heidelberger Rezension ge-
116,15
sagt: daß hier nicht der jüngere
Bruder desselben, sondern der erst
geborne
Zwillingsbruder erscheine. Die Rezension setzt meinen
Brief
fort! Lange, lange hatt’ ich eine solche poetische Erquickung
nicht.
Den Roman Ihrer Gattin, auf welchen mich Varnhagen und
116,20
meine frohe Erinnerung eines verlebten Abends mit ihr
so begierig
machen, hab’ ich noch nicht bekommen.
Cotta hat — wie er schreibt — schon zu viel für seine
Kräfte
(nämlich der Gesundheit) übernommen, bittet Sie aber, ihm
ins
Morgenblatt so viel Sie wollen, zu senden. Aber in Nürnberg
116,25
ist ein neu angehender Buchhändler, Schrag, zugleich reich und
brav, welchem Sie mit einem Mskpte Freude machen würden.
Sie
können sich, wenn Sie es der Mühe werth finden, auf
meinen
Wunsch berufen. Ihre Freude über die meinige an
Ihrem Sigurd
hat mir zugleich wol- und weh-gethan; denn beim Himmel,
das116,30
Publikum hat Sie noch nicht genug erkannt. Ihre
Werke halten —
was sonst sogar sehr gute bei mir nicht
vermögen — das zweimalige
Lesen hinter einander zum
Rezensieren, bei mir aus. Gebe der
Himmel und Sie, daß mein
Wunsch in der Rezension, daß Sie
mit dem Zauberstabe Ihres Pinsels aus den hohen
Hühnen-Gräbern116,35
des nordischen Heroums noch mehrere
große Schatten vorrufen117,1
und herausnöthigen in unser kleines
Tages Licht, von Ihnen er
füllet werde. Vor
der Hand weiß ich den zweiten nicht, der den
Wunsch erfüllen
kann.
1.) N. S. Sie sollen nicht übersetzen, sondern übersetzt werden;
denken Sie an meinen öffentlichen Wunsch, daß Sie das
nordische
Heroum emporheben wollen möchten.
2.) N. S. Ich möchte Sie wol gesehen haben; mein Inneres117,10
hätte Ihres gefunden und wir wären wol beide froh
gewesen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Friedrich Freiherr de la Motte Fouqué. Bayreuth, 30. Juni 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_298
Kommentar (der gedruckten Ausgabe)
SiglenH: JP-Museum, Bayreuth; ehem. Sl.g Apelt, Zittau. 4 S. 8°; die Unterschrift ausgeschnitten und von anderer Hand ergänzt. K (nach Nr. 307): Friedrich Baron de la Motte Fouqué. Jun. [aus Jul.] 30 datiert. 22 Jul. abgeschickt. J: Briefe an Fouqué, Berlin 1848, S. 301. B: IV. Abt., VI, Nr. 41 und 76. A: IV. Abt., VI, Nr. 100. 116,25 Aber] aus Allein H 117,9 wollen] nachtr. H 11 hatte H
Fouqué hatte seine Trilogie „Der Held des Nordens“ (deren ersten Teil, „Sigurd der Schlangentödter“, Jean Paul schon früher erhalten und besprochen hatte, vgl. Nr. 96†) übersandt und dabei die Befürchtung geäußert, der zweite Teil, „Sigurds Rache“, werde Jean Paul zu hart erscheinen. Hitzig werde ihm einen Roman seiner (Fouqués) Frau zusenden, deren Bekanntschaft er einmal bei Herrn von Winterfeld in Berlin gemacht habe (vgl. IV. Abt. (Br. an J. P.), VI, Nr. 103). Er hatte auch um Empfehlung an Cotta gebeten (vgl. Nr. 271). übersetzen: vgl. Nr. 185†. — Jean Paul und Fouqué haben sich nicht gesehen.