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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 7. August 1810.

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[ Bayreuth, 7. Aug. 1810 ]
128,2

Die Wetterwolke war schon seitwärts gezogen, als ich an dem
Tage, wo ich Ihren ruhigen Brief auf meinen unruhigen empfing,
Ihnen antworten wollte. Ich danke Ihnen [für] Ihre philoso128,5
phische Aufnahmes meines stür[mischen] Ausdrucks, der weniger
gegen die Wahrheit als gegen die Liebe für Sie und Ihre Tochter
sündigte. Denn dieß ist eben das Schmerzliche und Gute zugleich,
daß ich und sie einander fortlieben — daß diese Liebe uns ein
ander unentbehrlich macht, aber dafür desto reizbarer — und daß128,10
also jede Trennung — moralische oder geographische — uns nur
mehr vereinigt und aus ihrem Winter die ersten Maiwochen der
Liebe wiederbringt. — Eine Reise zu Ihnen wäre die beste Kur
C[arolinens] , litten es sonst die Umstände. Sie — der Sie so
unendlich von ihr geliebt und geachtet werden — würden durch128,15
Wiederholung meiner Grundsätze leichter siegen, daß ein Ehemann
durchaus die Oberherrschaft haben müße — daß ein bester Vater,
wofür sie mich selber erklärt, auch der beste Ehemann sein könnte,
wäre sonst alles gleich — daß ein Mann, der im Kriege sogar
nicht borgte, sondern verborgte, und der blos für Wissenschaft und128,20
Frau und Kinder lebt, mehr zu schonen wäre. Aber statt einer
Reise könnten ja Briefe dasselbe sagen. Ihre unerschöpfliche Liebes
Quelle gegen andere und ihren Muth brauch’ ich Ihnen nicht zu
malen. — Unsere ersten Kämpfe waren medizinische über die Kinder
und sie. Meine Kenntnis, ihre Unkenntnis der Arzneikunde, die128,25
Verzärtelungen der Kinder. — Ich bitte Sie um Ihre allmächtigen
Ermahnungen.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 7. August 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_327


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 328. Seite(n): 128 (Brieftext) und 482 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K: Mayer 7. August [aus Jul.] i: Beilage zur Leipziger Zeitung, 1. Sept. 1881, Nr. 70. B: IV. Abt., VI, Nr. 91. A: IV. Abt., VI, Nr. 95.

Vgl. Nr. 316†. In A gibt Mayer seiner Befriedigung über die Wiederherstellung des ehelichen Friedens Ausdruck und mahnt beide Teile zur Mäßigung ihrer Heftigkeit, die bei Jean Paul eine Folge seiner exaltierten Lebensgeister, bei Karoline ein Erbteil ihrer Mutter sei. Nach A scheint Jean Pauls Brief noch die Bitte enthalten zu haben, an Frau von Kalb 4 Reichstaler zu zahlen. (Diese zahlte nach Jean Pauls Tode durch Emanuel das Geld an Karoline zurück.)