Von Jean Paul an Erhard Friedrich Vogel. Bayreuth, 10. November 1810.
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Leider eilig
Verehrtester Herr Superintendent! Nach langer körperlicher und
schriftlicher Abwesenheit von Ihnen unterbrech’ ich
wenigstens die
letztere; und zwar durch eine Bitte. Ich
übergebe in Ihre Hände
die Quittung des Rekt. Werners über eine bezahlte Schuld meiner
148,30
Mutter, welche Schuld der Advokat Dürrschmidt von mir zum
zweiten male bezahlt verlangt. Das Übrige werden Sie aus
meinem
offnen Briefe an Dürrschmidt lesen, (den ich erst Sie zu siegeln
bitte,) damit ich mit Ihnen, ohne Wiederholung seines Inhalts149,1
von etwas Besserem sprechen kann.
Z. B. von Ihnen. Sind Sie denn ganz der literarischen Welt
abgestorben und blos in der Konsistorial-Welt lebend? Und pre
digen Sie keinem größern Publikum mehr als dem, das um
Ihre149,5
Kanzel sitzt? — Warum geben Sie wenigstens nicht
Büchelchen
an der Stelle der Bücher, kleine Aufsätze wie
geworfne Schwärmer,
in theologischen Journalen? — Ich sehe
aber an Ihnen ein: um
ein fortarbeitender Schriftsteller zu
sein, muß man in keinem Amte
stehen, das man nur anfangs mit
Schreiben unterbricht und ver149,10
bindet. —
Endlich hab’ ich doch noch eine zweite Bitte an Sie zu thun —
und Ihre Güte entschuldige zwei Bitten auf einmal —, die nämlich,
daß Sie, wenn der Advokat die Quittung eingesehen und Sie
mir
solche aus keinen andern Händen als aus den Ihrigen zurück
geben149,15
(wie Sie als 7/8 tels oder 31/32 tels Jurist
ohnehin thun werden),
noch eine Einsicht, die Ihrige, in die
Kirchenbücher beifügen; nämlich
die Meldung des Jahrs, worin
mein Vater Organist und Terzius
in Wonsiedel wurde, und des andern,
wo er abging als Pfarrer
nach Joditz; in meine nahe
Selbst-Lebensbeschreibung gehört dieß
149,20
so gut als das dankbare Andenken an Ihre
literarischen Wolthaten.
— Ich grüße alle Ihrige.
Jean Paul Fr. Richter
N. S. Wollen Sie mir bei der Zurücksendung die Antwort des149,25
Advokaten kurz beifügen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Erhard Friedrich Vogel. Bayreuth, 10. November 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_383
Kommentar (der gedruckten Ausgabe)
SiglenH: Brit. Museum. 4 S. 8°. K: Superind. Vogel. 10 Nov. J: Wahrheit 7, 184×. A: IV. Abt., VI, Nr. 126. 148,31 Mutter] danach gestr. an ihn H Schuld] aus letztere H zum zweiten male] aus wieder H 149,16 ohnehin thun werden] aus so gut wissen H 18 worin] aus wo H 20 nahe] nachtr. H
Vogel erwiderte, er habe das Anfangs- und Schlußjahr der Amtszeit von Jean Pauls Vater noch nicht feststellen können, da Dienstveränderungen in die Kirchenbücher nicht eingetragen würden.