Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 20. November 1810.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Ich wollte, ich hätte einen längst angefangnen Brief an Ihren
in Freud’ und Leid edeln Aldebert fortgeschickt, eh’ ich den
Ihrigen
trüben bekam. In jenem, wo ich die Hand lobte, die so vielen
den
Wanderstab zum Zauberstab macht, dankt’ ich Ihm
sogleich für
viele Jahre voraus, da sein Wollen ja das
geistige Geben ist;151,20
fügte aber hinzu, daß ich doch
nichts annehmen könnte, weil meine
und die Frankfurter
Verhältnisse viel zu ungleichartig sind. Darüber
ein anderes mal mehr. Gleichwol werd’ und muß ich einmal
Frankfurt sehen und Sie und Ihren Freund. Was Sie von ihm
in Ihrem Briefe sagen, was er von sich in dem seinigen,
beweiset151,25
den Werth und die Unauflöslichkeit Ihrer
gegenseitigen Freund
schaft.
Eine zweite Ursache meines Briefes ist die Bitte, mir eine
schlechterdings unauflösliche Charade aufzulösen. Ich schickte vor
8 Tagen nach Hanau an den
Fürst-Primas meine Herbst-Blumine
151,30
— mein neuestes Werkchen, worin ein kleiner
Blumenkranz an den
Sarkophag der Königin von Preußen gehangen ist — und
zwar,
wie man bei Fürsten pflegt, unfrankiert. Heute bekam ich
das
Paquet unentsiegelt und doch
mit den fremden Buchstaben
„retour an H. Legations Rath
Richter“ zurück. — Ist der Fürst
152,1
in Paris, wie man mir sagte? — Wär’ er ungünstig gegen
mich
geworden? Oder was sonst? Keine Vermuthung erklärt.
Ich bitte Sie bei der großen Liebe, die Sie bisher immer ächt
d. h. in Thaten gegen mich bewiesen, mir einen Stern über diese152,5
zweideutige Nacht recht bald aufgehen zu lassen.
Oberförster Wolf gab seinen zweiten Teil
[!] mit einer (angeb-
lichen) Vorrede von mir heraus: steht viel
Böses darin?
Leben Sie wol und gedenken Sie meiner Bitte.
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 20. November 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_390
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 4 S. 8°. K: Hofrath Jung in Frankf. 20. Nov. B: IV. Abt., VI, Nr. 110. A: IV. Abt., VI, Nr. 127. 152,3 was] aus warum H
Jung hatte gemeldet, Aldebert (vgl. Nr. 307†) habe infolge toller Spekulationen seines Handelskompagnons vorübergehend seine Zahlungen einstellen müssen, werde sich aber wahrscheinlich bald wieder erholen. In Frankfurt sei der Handel gelähmt durch die Kontinentalsperre. (In Jean Pauls Briefkopierbuch findet sich vor Nr. 356 die Überschrift Aldebert in Frankf. a. Main ohne Text.) Nach A übertrug Jung die Angelegenheit des zurückgesandten Pakets dem Legationsrat Vogt und erfuhr nach einiger Zeit, die Rücksendung beruhe auf einem Irrtum; vgl. Nr. 398†. Oberförster Wolf: vgl. Nr. 143†. „Das zweite Buch Glaube, Liebe, Hoffnung oder das merkwürdige Jahr des Oberförsters Black. Hsgb. von Joseph Wolf nebst einer unpartheiischen Vorrede von Jean Paul. Im Wolfischen Verlag 1810.“ Die Vorrede ist ein Wiederabdruck von Jean Pauls Protest im Morgenblatt, vgl. Nr. 149†.