Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 5. Januar 1811.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Schon aus Ihrem Schweigen, und aus des Großherzogs
Schreiben, vortrefflicher thätiger Freund, errieth ich, daß
Sie eben
der letztere wieder wären. Meinen Dank dafür zu dem
Danke Ihres170,25
Bewußtseins! —
Für das Museum hab’ ich eben Aufsätze geschickt. — Sogar für
den 8ten Februar könnt’ ich ihm
wieder ein Blättchen senden, das sich
blos auf den Großherzog
bezöge, in so fern am 8ten sein
Geburts-
tag ist.170,30
Ihr Wenner gefällt mir als Mensch und Buchhändler
zugleich.
Mit ihm könnt’ ich über Ihren Vorschlag leichter einig
werden
als mit mir — jetzt. Erstlich müßt’ ich schon ein
Jahr voraus
arbeiten und bereit haben, um frei und für die
Zeitung täglich ge
rüstet zu sein, zumal
da mich kleine Aufsätze mehr plagen als große,170,35
so wie
den Menschen Moskiten mehr als Löwen. — Zweitens hab’171,1
ich so
viele große Arbeiten in der Vorbereitung liegen, zu welchen
ich immer nicht gelangen konnte. Kurz, nur Zeit lassen Sie mir;
damit ich nicht verspreche, was ich nicht halten kann.
Dem trefflichen Wenner könnt’ ich übrigens ein gutes Buch
von
171,5
einem eben verstorbnen Freunde von mir, Regierungs
Rath
v. Dobeneck, zum Verlage anbieten: „Des deutschen
Mittelalters
„Volksglauben und Heroensagen“ etwa zwei mäßige Bände
stark;
alles aus alten Quellen geschöpft und diese
ungetrübt zugeleitet
und mit poetischem Sinne. Ich würde eine
Vorrede dazu machen.
171,10
Doch wozu so viele vorläufige Worte, da ich doch
einen Theil des
Mspts und die Bestimmung der Bedingungen
schicken muß? —
Sogar der berühmte Klüber in Erlangen wollte von ihm Auf-
sätze über das Mittelalter.
Ich habe sehr im Thränen- oder Wein-Monat 1810 gelitten,171,15
nicht an mir sondern mit tausend Menschen und hundert Städten.
Leben Sie froh, wenn es jetzt möglich ist, Sie recht
herzlich
von mir geliebter Mann. Meine Frau würde Sie so
innig grüßen
wie ich, wäre sie jetzt nicht bei ihrer kranken Schwester,
mit der
sie nach Berlin zu dem ging, der
Ihnen ähnlich ist. Leben Sie wol!
171,20
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 5. Januar 1811. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_431
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Stadtbibl. Braunschweig. 4 S. 8°. K (nach Nr. 435): Hofrath Jung 5 Jenn. B: IV. Abt., VI, Nr. 127.
Vgl. Nr. 390†. Aufsätze für Museum: vgl. FB Nr. 22; Jung hatte um Beiträge zum Museum, dem „Schoßkind des Fürsten“, gebeten. Wenner: Jung hatte im Auftrage seines Freundes, des Frankfurter Buchhändlers Wenner, der im Begriff stand, sich von seinem Oheim und bisherigen Teilhaber Varrentrapp zu trennen, Jean Paul den Vorschlag unterbreitet, die Redaktion eines Tageblatts zu übernehmen gegen ein Jahreshonorar von 1000 fl. und besondere Honorierung eigner Beiträge; vgl. FB Nr. 28. Dobeneck: vgl. Nr. 397†. Joh. Ludw. Klüber (1762—1837). Thränen- oder WeinMonat 1810: wegen der besonders auch für Frankfurt katastrophalen wirtschaftlichen Folgen der Kontinentalsperre. Meine Frau: Jung hatte sich beklagt, daß sie ihn nicht habe grüßen lassen; sie hatte ihn ihrem Vater ähnlich gefunden, s. 120,28 .