Von Jean Paul an Josepha Charlotte von Lochner. Bayreuth, 6. Januar 1811.
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Nicht der Wechselfieberkranke begrüßt Sie in dem neuen Jahr
sondern der Gesunde, dem nichts fehlet als seine — Frau, welche in
172,15
Altenburg etc. In dieser stürmenden Zeit thut man desto mehr
—
Wünsche für Geliebte, je weniger eben davon erfüllt werden
und
wurden. Einer Mutter wie Sie sind kann ich nichts
wünschen als
beglückte — Kinder. Alle andere Freuden können
Sie weniger be-
kommen als geben, und die höchsten säet
und pflückt nur das Herz —172,20
denn wahrlich die Außenwelt
legt sich jetzt mehr aufs Plündern als
Bereichern des Innern.
Für mich haben Sie keinen Wunsch zu
thun, aber wol können Sie
— wenn Sie meine Bitte annehmen —
einen erfüllen. Sie haben
mir schon so viel durch den Großherzog
gegeben — denn ich weiß, daß ich Ihrem Liebes Worte zum
größten172,25
Theile meine Pension verdanke. Ists
möglich, so sagen Sie ihm
ein 2tes
Wort — das nicht ich, nur die Freundin eines solchen
Freundes
sagen darf — nämlich das Wort, daß er meine Pension
(bisher
blos aus seiner Privat-Chatoulle) in den allgemeinen Pen
sions Fonds aufnehme und anweise, dessen Regulierung er nun
bald
172,30
vollendet haben wird. Nur Seiner deutschen Hand —
dieser deutschen,
sie mag die Feder oder den Zepter halten, schreiben oder
regieren
oder geben — will ich das Erleichtern meiner
Kinder-Zukunft ver-
danken, aber keiner ausländischen Hand.
Einige Eile des Winks
oder der Bitte ist jetzt nöthig am Ende
der Regulierung. Dalberg
172,35
ist allerdings ein Louis XIV
im Kleinen, insofern er wissenschaft-
173,1
liche Preiswerber erweckt und belohnt,
aber ist größer als Louis,
insofern er selber unter den Preiswerbern steht, nur
unerweckt und
unbelohnt. Übrigens wird jeder Erfolg Ihres
Verwendens nichts
an der Größe meiner Dankbarkeit gegen Sie
ändern. Verzeihen173,5
Sie dem, der Ihnen so viel vertraut.
Noch einmal, es gehe Ihrem
schönen reichen Herzen wol.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Josepha Charlotte von Lochner. Bayreuth, 6. Januar 1811. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_435
Kommentar (der gedruckten Ausgabe)
SiglenK (nach Nr. 430): Fr. v. Lochner — München 6. Jen. i: Wahrheit 7, 195. 173,5 gegen] davor gestr. für
Beilage zu Nr. 430, da Jean Paul Frau v. Lochners Münchner Adresse nicht wußte; Oertel schreibt im Brief an J. P. IV. Abt., VI, Nr. 140: „Die Inlage an Frau v. Lochner schickte ich sogleich ihrer Tochter, Stiftsdame in Obermünster, zur weiteren Beförderung.“ Vgl. IV. Abt. (Br. an J. P.), VI, Nr. 141. Dalberg schreibt im Brief an J. P. IV. Abt., VI, Nr. 142: „Eine Dame, die Ihre Freundin ist, wünscht unserm platonischen Anakreon eine ruhig begründete Zukunft; auch bekenne ich gern, daß ich mich mit diesem Gedanken beschäftige.“ Vgl. auch zu Nr. 579.