Von Jean Paul an Caroline Richter. Erlangen, 12. Juni 〈Mitwochs〉 1811.
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Meine Gute! Wie schmacht’ ich nach einem Briefe von dir.
Am
Sonntage vor 8 Tagen schriebst du mir — seit der Zeit keine
Zeile — diese einzige Wolke, die aber breit genug ist, zieht durch
meinen blauen Himmel. Vorigen Freitag schrieb ich dir;
aber197,30
meine Briefe sind dir nicht so nöthig — da
mein einzelnes Leben
keine besondern Veränderungen annehmen
oder erleiden kann —
als mir deine, da ja meine Freude an so
vielen fremden Freuden
hängt. Hätt’ ich nicht seit 2 Monaten
gewisse Trost Grundsätze
oder hier nicht ein besonderes
Vertrauen auf meine Ahnung, daß198,1
meine Heiterkeit kein
entferntes Unglück bedeute: so müßt’ ich
durch dein Schweigen
furchtsam werden. Himmel! Wie viel hast
du mir nicht über
dich, Kinder, Hauswesen, Verhältnisse, ein-
gegangene Briefe zu geben? Sonst bist du
eine so ämsige Brief198,5
schreiberin.
Etwas von deinem Schweigen schreib’ ich allerdings
der
Anhäufung deiner Geschäfte zu.
Noch hab’ ich nichts von dir. Knipp[en]berg nimmt alles
mit.
Schreibe ja mit umgehender Post. Auf deinen nächsten Brief
werd198,10
ich recht viel anworten. Sei fröhlich,
Gute!
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Caroline Richter. Erlangen, 12. Juni 〈Mitwochs〉 1811. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_492
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 2 S. 8°. J 1: Wahrheit 7, 249×. J 2: Nerrlich Nr. 129×. A: IV. Abt., VI, Nr. 161.
Karoline hatte schon am Montag (10. Juni) geschrieben, infolge zu frühen Postschlusses den Brief aber erst am Mittwoch abschicken können (an J. P. IV. Abt., VI, Nr. 159).