Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 7. November 1813.
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Lieber treuer Freund! Das Schicksal will selber, daß ich immer
in Ihrem Warengewölbe meine geistige Kinderstube aufschlage. Ich
hatte im Frühling dem guten, aber zu viel unternehmenden Schrag
349,5
auf sein Bitten ein Werkchen von 20 Druckbogen
versprochen, be
titelt „Museum von Jean
Paul“, welches drei große Abhand-
lungen 1) über den thierischen
Magnetismus, 2) über die Ent-
stehung der ersten Pflanzen, Thiere und
Menschen, 3) eine neue
Theorie des Traums und dabei mehre
kleine, poetische, ernst- und
349,10
scherzhafte Aufsätze enthält. Vollendet ist alles bis
auf den letzten
Aufsatz, und abgeschrieben die Hälfte. Vor
einigen Tagen bat er
mich, es ihm nicht zu schicken und ihn —
wegen seines noch un
abgeschickten
Osterverlags — des Vertrages zu entledigen. Ich thu’
es gern;
und biete daher Ihnen das nur einbändige Werkchen unter349,15
allen Schragischen Bedingungen an. Ich lege Ihnen daher
sein
Vertrag-Ja selber bei, weil ich unter den
schriftstellerischen Lang
weiligkeiten
keine größere kenne, als Vertragbedingungen 2 mal
zu
schreiben, da es schon das erste mal nicht sehr erquickt.
Meine Freunde wünschen sehr den Damenkalender, zumal da
349,20
mein Aufsatz in dieser lichtern Zeit, wo der
untergegangne deutsche
Abendstern jetzo als Morgenstern aufgeht, vielleicht
trösten, stählen
und spornen hälfe.
Muß jetzo noch das Morgenblatt ein Sybillenblatt vor den
Mund nehmen? — Ich habe wie Sie wissen, an und über mehre349,25
regierende Planeten Reden gehalten; dieses Jahr läßt
die alte
Astrologie und leider die neue Geschichte vom Mars
regieren. —
Erlaubt mir hier das Morgenblatt einigen
satirischen Spielraum? —
Leben Sie wol und antworten Sie, wenn nicht citissime,
doch cito.
349,30
Jean Paul Fr. Richter
Nachschrift. Was weißagen Sie als Kenner und Herrscher des
Buchhandels zugleich von der O[ster]
Messe?
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 7. November 1813. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_806
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Cotta-Archiv. 3 S. 8°. Präsentat: 11 Nov. 13, 14 geantw. [?] K: Cotta 7. Nov. J: Cotta 1, 392×. 349,21 lichtern] davor gestr. hellern H
Der Inhalt der fehlenden Beilage ist in K so angegeben: Zur Ostermesse der 5 Ld. zu zahlen — jetzt 400 fl. — nach Abdruck das restierende Honorar von 4 — 1500 Ex. zu drucken — 12 Freiex. auf Schreibp. — Vgl. Nr. 761 und 769.