Von Jean Paul an Caroline Herder. Bayreuth, 1. Mai 1809.
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Theuere Herder! Entschuldigen Sie mein Schweigen und
Zögern. Ich wollte Ihnen alle meine
neuesten Werke auf einmal
senden; — und wartete also bis zur Ankunft der letzten. Sie
werden28,5
in allen meine alte Ruhe, ja die humoristische
Heiterkeit wieder
finden, aber auch das
Herz, das einen Herder liebte.
Sagen Sie nicht — wie in Ihrem Briefe — daß Herder eine
stille Gemeine habe; jetzt hat er eine laute; ja fast keinen Wider
sacher
in so vielen Büchern mehr. Warum gab man aber dem28,10
Unsterblichen diese leichte Freude nicht früher, als er noch
ein
Sterblicher war? —
Noch konnt’ ich für die Huber hier nichts thun; und in Bayreuth
ist überhaupt wenig zu machen als Bücher, wozu man aber
nur
Einen braucht, sich selber.28,15
Meine liebende Herder wird es freuen, daß mir der Fürst-
Primas neulich 100 Dukaten gab; und vom
April an eine jährliche
Pension von 1000 fl. rh. Jacobi in
München hat auch noch nicht
das Kleinste für mich gethan — in dieser Hinsicht. —
Noch rührte uns die Kriegs-Wetterwolke nicht an. Einzelne28,20
Östreicher kamen und nahmen, aber für — Geld; kurz sie nahmen
nichts mit als — Dank.
Alles unter meinem Dache ist gesund und stark. Wär’ es nur
zu
machen, daß Sie und meine Luise auch darunter kämen! —
Wäre kein Krieg, so wär’ es eben zu machen! — Leben Sie
wol28,25
mit der Seelen-Tochter! — Grüßen Sie Wieland! —
Ihr
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Caroline Herder. Bayreuth, 1. Mai 1809. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_86
Kommentar (der gedruckten Ausgabe)
SiglenH: Berlin Herder (derzeit BJK). 3 S. 8°. K: Die Herder 1. Mai. i: Denkw. 3,196. B: IV. Abt., VI, Nr. 15. A: IV. Abt., VI, Nr. 23. 28,11 als] aus da H
Angekommen 15. Mai. Mit Schmelzle und Katzenberger. Karoline hatte u.a. geschrieben: „Jetzt sind Goethe und Schiller an der Tagesordnung des lauten Publikums — Richter und Herder haben die stille unsichtbare Gemeine — aber desto inniger, liebender, dauernder.“ Sie hatte J. P. gebeten, die verw. (Therese) Huber, die zur Aufbesserung ihrer Pension gern ein oder mehrere Kinder zur Erziehung übernehmen wolle, an seine vornehmen weiblichen Bekannten zu empfehlen. (Emanuel schreibt am 2. April 1809 an Wangenheim: „Die Pr[äsidentin] Herder empfiehlt Richtern eine Mad. Huber, die nächstens nach Stuttgart kommen wird und sich der Erziehung einiger Kinder widmen will, sehr.“