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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Christian Hohnbaum. Bayreuth, 30. August 1814.

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[ Bayreuth, 30. Aug. 1814 ]
398,23

Ihre schönen Geschenke haben mein Gedächtnis nur bereichert,
nicht erweckt. Die Kraftpred[igten] sieht man Ihnen ohnehin398,25
an .... Himmel, welche schwarze feststehende Gift- und Blitzwolken
sind endlich wie durch einen Hauch der Vorsehung über das matte
Deutschland weggeflohen. Man erschrickt jetzo ordentlich vor der —
Vergangenheit und getrauet sich kaum der Zukunft voll Blüte.
Meiner eignen politischen Vergangenheit schäm’ ich mich nicht,398,30
denn ich wagte meine Zukunft an sie, indem es nur darauf ankam,
daß Davoust Deutsch verstand, so saß ich in Magdeburg ohne
Feder, ohne Federn und Flügel und brütete gleich den Krebsen mit
dem Schwanz an meinen Eiern. Aber die Weltgesetze d. h. Gott
haben die Riesenschildkröte auf den Rücken gelegt. — Könnten 399,1
Sie der reizenden Herzogin in Ihrer Nähe beibringen, daß man auch
von Weitem in sie verliebt bleibt mit Aug und Ohr: so wär’ es
schön und wahr zugleich. Leben Sie wol in der gereinigten Zeit.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Christian Hohnbaum. Bayreuth, 30. August 1814. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_921


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 927. Seite(n): 398-399 (Brieftext) und 585 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K (nach Nr. 918): Hohenbaum 30 Aug. i: Wahrheit 8, 29×. 398,25 erweckt] davor gestr. erinnert 28 weggeflohen] aus weggeflogen (vgl. 256,19 †)

Hohnbaum (vgl. Bd. III, Nr. 141) hatte Jean Paul außer eignen (gedruckten?) Predigten die „Deutschen Gedichte“ seines Freundes Fr. Rückert gesandt; vgl. Briefe an Fouqué (1848), S. 452; Holtei, Dreihundert Briefe (1872), III, S. 39; C. Kühner, „Dichter, Patriarch und Ritter“, (1869), S. 188. Wie sich aus einem Brief Rückerts an Abraham Voß vom 28. Oktober 1814 ergibt (Deutsche Dichtung, Bd. IX, Berlin 1891, S. 203—207), versprach Jean Paul in obigem Briefe, in seiner Rezension des Buchs der Mad. de Staël über Deutschland in den Heidelberger Jahrbüchern auf Rückerts „Deutsche Gedichte“ (1814), die ihm Hohnbaum geschickt hatte, in einer Note hinzuweisen. Eine Fußnote zu seiner Rezension enthält tatsächlich den Hinweis auf Rückerts Gedichte (I. Abt., XVI, 313). Rückert fühlte sich „ganz unbeschreiblich gekränkt“, weil er das Aufheben, das von dem Buch dieser „französischen Metze“ gemacht wurde, empörend fand. Riesenschildkröte: vgl. I. Abt., XVII, 375, 22f. Herzogin: von Hildburghausen, s. Bd. III, Nr. 344.