Von Jean Paul an August Leopold Emil. Bayreuth, 18. Oktober 1804.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Bloß mein Wunsch, Ihrer Durchlaucht mit diesem Blatte zu
gleich die Aesthetik zu schicken, verzögerte meinen Dank für
Ihren
letzten, so viel in Gegenwart und für Zukunft zugleich
gebenden
Brief so lange. Noch jetzt hat der Buchbinder die
3te Abtheilung
dem Publikum
nachzuliefern, die der Setzer längst vollendete;8,1
und ich warte
noch mehr auf ihn, um den dritten Theil einer Schuld
bei Ihnen
abzutragen, die Sie mir vielleicht lieber schenkten.
Wenn Sie unter dem Polyneon Ihr reiches Mährchen von der
Liebe meinen — wie ich gewiß glaube, wenn mich nicht alles Er8,5
innern und Errathen trügt —: so wissen
Sie, mit welcher Freude ich
dem Publikum meine frühere darüber
und die seinige ankündige;
aber jetzt erst werden mir ganze
Stellen Ihres ersten Briefs
erhellt.
An dem, der Dedikazion nach 〈bei〉 schwimmenden Werkchen über
8,10
die Preßfreiheit arbeit’ ich jetzt. Ihr Imprimatur zu Ihren eignen
Briefen ist
fast einer mehr, und ein schönstes Geschenk für mich.
Aber aus
Dankbarkeit für eine Güte, welche mir eben so viel Glanz
zuwürfe
als dem Leser Vergnügen, muß ich anmerken, daß, wenn
nicht wegen
des ganzen Publikums, doch dessen
wegen, das Sie8,15
regieren, manche Stellen — z. B. im ersten
Briefe die über das
Hauswappen — nicht wie Himmelssterne, der
Welt sondern wie
Ordenssterne einem einzelnen zugehören und
bleiben müßen. Ich
liebe aber solche Stellen so sehr, daß ich
eben nicht den Muth hätte,
auch nur eine andern zu entziehen;
daher bitt’ ich Sie, wenn Sie Ihre8,20
seltene bedeutende
Erlaubniß des Abdrucks Ihrer genialen Briefe
fortgeben, mir die
Auslassungen selber zu bestimmen; ferner welche
Briefe; und
dabei mir die Kopien der meinigen (von denen ich nur
Splitter habe) zu senden, welche indeß, wie sie auch sein
mögen, in
die Welt treten sollen, weil Sie schon die Welt für
sie gewesen und8,25
weil zweitens ein Buch-Vater, wie ich,
nichts zu regieren hat als
sich und etwa
32 Bände.
In 14 Tagen hoff’ ich Ihnen die 3te Abtheilung, in 21 das
neue
Manuskript zu senden. — Da ein Fürst immer so glücklich ist
—
was ein Privatmann selten wird —, jemand zu finden, der
auf8,30
schneidet und korrigiert: so
bitt’ ich Sie, es bei diesem Werke voll
Druckfehler — in der
Vorrede angezeigten — thun zu lassen, bevor
Sie die größern
finden —
unterthänigster8,35
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an August Leopold Emil. Bayreuth, 18. Oktober 1804. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_23
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Haus- u. Staatsarchiv Gotha. 4 S. 4°. (Dabei auch noch eine Kopie von Schreiberhand.) K (nach Nr. 21): Herzog 18 — J: Freiheitsbüchlein S. 33 (I. Abt., XII, 17f.). B: IV. Abt., V, Nr. 6. A: IV. Abt., V, Nr. 15. 8,1 vollendet J 10 beischwimmenden J 13 welche] die K 16f. die über das Hauswappen] fehlt K J 18 müssen K J 27 und etwa 32 Bände] nachtr. H 31 korrigiret J 32 bevor bis 33 finden —] nachtr. H
Vgl. Nr. 13. Der Herzog hatte unter heftigen Ausfällen gegen den Jenaer Zensor nicht nur die gewünschte Erlaubnis gegeben, sondern auch noch vorgeschlagen, dem geplanten Sonderabdruck der Dedikation „die Invitations-, Weigerungs-, Nöthigungs-, Einwilligungs- und Dankes-Charten anzuhängen, die wir wechselten“. Über sein „Polyneon“ hatte er geschrieben: „es war mein völliger Ernst, da ich Sie ... bat, mein bald erscheinendes Werk in einer lobenden Nachrede des Ihrigen dem lesenden Deutschland anzukündigen.“ Jean Paul hat im Freiheitsbüchlein S. 15 diesen Wunsch erfüllt (I. Abt., XII, 8). 8, 16f. Die Stelle über das Hauswappen in dem ersten Brief des Herzogs (Bd. IV,471, Nr. 354) lautete: „Sie wollen mir einen Lorbeerkranz aufsetzen, und — wissen Sie denn nicht, daß eine Graziosos-Kappe eine von den Helmzierden ist, welche ich das Recht zu führen habe; wie eine Säule, eine Rose, eine Henne, ein übersatter Löwe zwischen unverzehrten Herzen in dem feldreichen Bilderlande sind, die meinen Schild zieren, und über denen ein Rautenkranz ist.“ Sie wurde unverändert abgedruckt (I. Abt., XII, 10, 9 – 15 ).