Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 9. November 1807.
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Hier, lieber alter Freund, haben Sie wieder einige Blättchen
für das Morgenblatt. Nur fürcht’ ich, ich bekomme wieder
meinen
Krieg mit dem Zensor, der soviel Scherz verbietet, daß man
am
Ende nur ernsthaft und in der Kirche sein könnte. Was
können denn175,35
meine Scherze schaden, die unter Tausenden nur so Wenige ver176,1
stehen?
— In jedem Falle geb’ ich diesen Aufsatz nur unter der
Bedingung, daß ich vorher wisse, welche Lücke der
Zensor hinein
reiße. Doch lieber lass’ ich
mir ganze Sätze und Absätze weg
streichen als halbe oder einzelne
Worte, sobald ich der letztern Er176,5
gänzung nicht nachholen darf.
In Leipzig, oder München, oder Berlin wird z. B. die verbotene
Beichte des Teufels jetzt wirklich gedruckt; und ich lasse
Sie
rathen, in welcher von diesen Städten.
Da ich nun überall Bestimmtheit so suche wie Sie es thun: so176,10
bitt’ ich Sie inständig, mir nach dem
Vorschuß Ihrer Bezahlungen
endlich zu sagen, in welchem kaufmännischen Verhältnisse wir
beide
jetzt stehen. Über das freundschaftliche thut mein Gefühl
keine Frage; denn ich kenne Ihre schöne wagende Kraft, der
nichts
fehlt als ein London oder Paris.
176,15
Ich bitte Sie aber sehr, mir als altem Bekannten mitten unter
Ihren Geschäften bald Antwort zu geben.
Noch etwas! Meine Schwägerin — die Frau Spatziers, die
Redaktrice von Wilman’s Almanach und
dem Toilettengeschenk —
wünschte die Flora bei Ihnen
fortzusetzen, so wie altenglische Werke,
176,20
besonders Otway zum
Übersetzen zu haben — — Verträgt sich dieß
Anerbieten einer der geistreichsten Frauen mit Ihren Planen:
so
hab’ ich mein Wort gesagt und Ihres erregt.
Ich schließe — obwol anders als die Hof- und Weltleute, die
keine Rechnung lieben als die, die sie machen, nicht aber erhalten —176,25
ich schließe mit der Bitte um eine.
Leben Sie wol! Das heißt, Gott gebe, daß die Buchhändler Sie
bezahlen.
J. P. Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 9. November 1807. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_424
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Cotta-Archiv. 3¾ S. 4°. Präsentat: 24 Nov. 1807, [b.] 3 Dec. K (nach Nr. 425): Cotta 9 Nov. ab 12. J: Cotta 1,384×. A: IV. Abt., V, Nr. 148. 176,3 vorher] nachtr. H welche] aus was H der] die H Zensor] aus Zensor- H 4 Doch] nachtr. H und Absätze] nachtr. H 5 oder einzelne Worte] nachtr. H sobald] aus wenn H 7 oder] beidemal nachtr. H 9 welcher] danach gestr. Stadt H 20 bei] davor gestr. unter H 21 zum Übersetzen] nachtr. H dieß] aus das H
Mit dem Aufsatz „Verschiedene prophetische Gedanken“, den der Zensor, wie A mitteilt, nach Rücksprache ganz passieren ließ, und der im Morgenblatt vom 1. Dez. 1807, Nr. 287, erschien (I. Abt. XVII, 194—200). 176, 19 Wilmans Almanach: Taschenbuch, der Liebe und Freundschaft gewidmet. Toilettengeschenk für Damen, Leipzig 1805—08. 20 Flora, Teutschlands Töchtern geweiht, Tübingen (Cotta), 1793—1803; vgl. Bd. IV, zu Nr. 226. — Cotta schlug in A die Bitte der Spazier ab, bot ihr aber Mitarbeit am Morgenblatt an. (Vgl. zu Nr. 268.)