Von Jean Paul an Ludwig Christian von Oertel. Bayreuth, 22. November 1807.
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Obgleich mein Herz um einen Menschen der schönern Vergangen-
heit ärmer geworden; so gönn’ ich doch
unserm Bruder die Ruhe, die
tiefe Ruhe in dieser Zeit
voll[ends], in der man das Leben nur
wün180,5
schen kann, wenn man in das
nächste eingreifen und der Nachwelt
eine bessere geben kann. —
Sein Leben [war] mehr eine Wiege —
wiewol oft stark bewegt — als ein rädernder Postkarren, worauf
jetzt
Millionen sitzen. Er genoß Ehre, Liebe, Kunst, Welt
und Einsamkeit;
wovon die meisten das Meiste opfern müssen. —
Liebes-, Haß-Trank180,10
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Ludwig Christian von Oertel. Bayreuth, 22. November 1807. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_431
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Oertel in Regenspurg 22 Nov. i: Wahrheit 7,107×. B 1: IV. Abt., V, Nr. 141. B 2: IV. Abt., V, Nr. 143. A: IV. Abt., V, Nr. 160.
Ludwig hatte in B 2 den am 27. Okt. in geistiger Umnachtung erfolgten Tod seines Bruders Friedrich gemeldet. In B 1 hatte er sich gegen den von seiner Schwägerin gehegten Verdacht gewandt, daß Friedrichs Krankheit auf Vergiftung (durch ein Aphrodisiakum?) beruhe; darauf beziehen sich vielleicht die letzten Worte von K. Nach A gab Jean Paul in diesem Briefe noch einem ihm in B 2 mitgeteilten Epigramm Ludwigs „Cato II.“ seinen Beifall und meinte, daß diese Art von Einfällen für das Morgenblatt geeignet sei; vgl. 209 , 7–10 .