Von Jean Paul an Johann Friedrich Vieweg. Bayreuth, 15. März 1808.
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Eilig.
Ich darf nicht Ihr Nein, noch viel weniger Ihr Ja erwarten
über den Verlags-Antrag der „vermischten
Schriften“. Die
Mohr- und Zimmersche Buchhandlung,
welche anderer Unter-
nehmungen und der Zeit-Kürze wegen anfangs
nur mit Vorbehalt
der Verhältnisse und mit der von selber sich
verstehenden Frei204,30
lassung meiner
weitern Anträge den Verlag nur hypothetisch be
jahte, hat ihn seit gestern wirklich bejaht, wohin noch eine
zur
O[ster]
M[esse] erscheinende Friedenspredigt
gehört. Ihre nächste
Antwort auf mein letztes Schreiben macht vielleicht dieses
unnöthig;
aber es wäre nicht Recht, Sie zu einer unnützen
Berechnung zu ver205,1
anlassen durch
Schweigen.
Aber eine andere steht in Ihrer Willkür. Ich habe nämlich seit
2 Sommern an einer komischen Biographie des Verfassers des in
Sachsen und Franken gewöhnlichen Abcbuchs gearbeitet, von dem
205,5
ich nicht einmal weiß, wie er hieß. Auch Meusel wußt’ es nicht. Ich
meine die bekannte Fibel mit den Thier-Bildern und
Inschriften:
„Der Affe gar possierlich ist, zumal wenn er
vom Apfel frißt.“ Es ist
ein komischer Roman — und eine Satire
auf die Kantischen und
andern Lebensbeschreiber — und das Abcbuch kommt als Chef205,10
d’œuvre nicht Horsd’œuvre voran mit seinen Thieren
und meinen
Erklärungen (wie etwan die der
Katechismus-Holzschnitte im
Kampaner Thal). — Das Werkchen ist ein Fixlein, Wutz oder
dergl.;
und für sich und für die Weiber, ohne satirische Beziehung,
eine Ge
schichte. Und der Mann heißt
selber Fibel. Zur
M[ichaelis]
M[esse]
205,15
geb’ ichs — ungefähr 16 Druckbogen stark — einen nach
Levana’s
Druck zu fünf Louisd’or. Das Übrige
bedingt sich leicht. — Unser
verehrter Kampe weiß vielleicht den Namen des Verfassers, wiewol
der rechte nun in der fast bis schon ans Ende gerückten
Lebensbe
schreibung zu nichts führen
könnte als zu ein Paar Einfällen mehr.205,20
Vergeben Sie die Eile und Alles!
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Friedrich Vieweg. Bayreuth, 15. März 1808. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_500
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Vieweg-Archiv, Braunschweig. 3½ S. 8°. Präsentat: R. d. 22 do. / d. 23 eodem. Die Biographie à 5 Frd’or angenommen. M. M. a. c. zu liefern. K: Vieweg 15 März. Darunter steht: Seine Antwort kam den 1 April an. A: IV. Abt., V, Nr. 172. 204,29 anfangs] davor sich H K 30 von selber] nachtr. H 31 weitern] davor gestr. ander H nur] davor gestr. nicht sogleich bejah H hypothetisch] aus problematisch H K 205,6 wußt’] aus weiß H 16 geb’ ichs] aus kann ichs geben H
Vieweg, der sich inzwischen schon zur Annahme der Vermischten Schriften bereit erklärt hatte (an J. P. IV. Abt., V, Nr. 166), erklärte sich nunmehr auch zur Übernahme des Fibel unter den vorgeschlagenen Bedingungen bereit. „Haben Sie mir Ihre Zusage der vermischten Schriften erhalten können, so wünsche ich, daß dies Büchlein das 3te Bändchen machen möchte ...“