Von Jean Paul an Minna Spazier. Bayreuth, 14. März 1805.
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Unter allen grausenden Aussichten ist mir zwar keine es so sehr —
wenn ich das schon überstandne Grausen ausnehme, daß Merkel
29,15
etc. neben mir saß — als die, daß ich etwas für ein
Taschenbuch zu
schreiben habe, nicht bloß weil sich der
gedachte wieder neben mir
(nur später) einsetzt sondern
(ernstlich) weil ich leichter ein Buch als
einen Bogen mache —
weil ich keine andere Begränzung unver
wundet ertrage als die innere — und weil es noch mehr Gründe29,20
gibt als diese Seite fäßt; aber weil Sie so wollen, so sei es
so. —
Kleine Historiolen stehen außer meiner Gewalt, wie ich
denn hier
sie schon falsch, nämlich mit einem Pleonasmus
benenne. — den
(Spazier) das Schicksal
sonderbar mit Abhängigkeit und Freiheit,
nämlich mit dem Wechselschein von beiden neckte — Sie sind
glück29,25
licher als Mahlmann, Sie haben Kinder, er nur Kleider; eine
Wittwe mit Kindern ist eben nie eine ganze. C[aroline]
kan[n] über
E[rnestine]
keinen andern Schmerz haben als einen unsterblichen.
Aber er wohnt nur in ihrer Seele und nicht in ihrem Körper,
den
der Wetterschlag zum Glück verschonte.
[Daß Caroline, von der Sie29,30
etwas für den Vossischen Toilettenalmanach wünschen, ihre
Feder,
die zum kühnsten Fluge Kraft besitzt, rühren möge, war
tausendmal
auch mein Wunsch.] Aber der
Wunsch eines Ehemanns hilft bei
einer Frau sogar auch
dan[n] nicht, wenn er ihr schmeichelhaft
ist.
Lieber ist C. eine Dichterin
im Leben und wider das Leben als auf dem29,35
30,1
Papier und für das Leben. Meine Wünsche für sie möcht’ ich
lieber
dem Himmel als Ihnen sagen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Minna Spazier. Bayreuth, 14. März 1805. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_83
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Minna 14. — i: Wahrheit 7,23×. 29, 16f. zu schreiben] mit Blei nachtr. 30–33 der eingeklammerte, in K fehlende Satz steht in i in eckigen Klammern mit der Fußnote: „Die eingeklammerte Stelle ist nicht von Richters Hand.“ Vielleicht ist er von Karoline aus dem Originalbrief oder aus dem Gedächtnis ergänzt; dem Sinne nach scheint er echt zu sein. 30,1 sie] vielleicht Sie
Vgl. FB Nr. 18. Minna hatte jetzt anscheinend um einen Beitrag zu dem von ihr herausgegebenen „Taschenbuch, der Liebe und Freundschaft gewidmet“ gebeten; Jean Paul sandte ihr später den im Juni 1805 geschriebenen Aufsatz „Meine Miszellen“, der aber erst im Jahrgang 1807 erschien. 29, 15f. Merkel: vgl. Bd. III, Nr. 170, 93,22; Persönl. Nr. 53. 31 Toilettenalmanach: (Erstes — Viertes) Toiletten-Geschenk, Jahrbuch für Damen, Leipzig, bei Gg. Voß 1805—1808.