Von Caroline Richter an Georg Christian Otto. Meiningen, 21. Juni 1801, Sonntag

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Meiningen den 21ten Juni

"Wenn du Dich auf Deinen Stuhl sezt in Meiningen, steh ich auf von meinem und komme zu Dir." Richter hat sich nun schon hingesezt , und erwartet daß sein geliebter Otto die Zusage wahr mache, und komme und fliege an sein Herz.

mein geliebter Mann läßt mir die Freude der Einladung, und der Anzeige wie Sie sie ohne Beschwerde erfüllen können Es reißt nemlich von Bamberg ein gewißer Baron Wechmar in acht Tagen hieher. Er ist der Oheim einer unserer innigsten Freundinnen, der Gräfin Schlabberndorf, die ihn auf Sie vorbereiten wird. So ersparen Sie Sich die Sorge für eine andere Gelegenheit, und wir haben früher das die schöne Freude, auf die wir lange gehofft. Darf ich es sagen, daß ich Sie als einen Zusatz zu dem Glück unseres kleinen friedlichen Lebens erwarte? daß ich mich sehne dem treusten Freunde meines Mannes, meine Liebe zu beweisen, daß ich wünsche, er überzeuge sich und richte, ob sein Geliebtester, befriedigt ist, und es bleibe.

unsere junge Einrichtung, erst 5 Tage alt, hat noch tausend Mängel, doch finden Sie Richters Zimmer nach alter Sitte, geordnet – und Sie werden Sich einheimisch fühlen,weil er nichts verändert .

|2 meines ist auch freundlich, und häuslich – das Ihrige aber ganz schlecht damit Sie nicht lange darin aushalten, und immer oben hinauf laufen. ich bin ein lenksames Wesen, ich werde Ihren Wünschen gehorchen, Sie sollen nur Ihre eigne Haushaltung travestirt finden, wenn sie offen sind, und sagen wie es seyn soll.

mir wird seyn, als und wehmütiger und und erhobner, als Lenetten, wie Leibgeber u Siebenkäs sich umarmten – als wäre es mein zweiter Hochzeittag, wo unsere Vereinigung, durch die Gegenwart des Freundes erst recht geweiht würde. Zögern sie ja nicht länger als der Ihnen zugedachte Reise-Begleiter, unsere Phantasie haftet nun einmal auf diesem Punkt, und Sie wißen wie schmerzlich Täuschungen dieser Art sind.

Unendlich wohl thut meinem Mann die Ruhe nach einer fast drei Wochen langen Reise, denn wir sezten uns den zweiten Tag nach unsererTrauung (den 29ten May) im Wagen, der uns über Wörlitz wo wir einen Tag blieben, nach Weimar trug. wir ließen uns 14 Tage festhalten – durch die kleine reizende Wohnung bei der guten Hausfrau , durch die Herdersche Liebe. Richter nennt sie eine Idyllen Zeit – wir lebten recht häuslich dort . |3 wir giengen einigemale zur alten Herzogin, fast täglich zuHerders , und waren so seelig wenn wir unsre liebe Stube wiedersahen.

Am 16ten reisten wir hieher über Gotha undnahmen Schlichtegrolls herzlichen Gruß auf . den folgenden Abend wählten wir noch in Meinungeneine Wohnung um gleich unsere Sachen auszupacken.

Nun erwarten wir den Aufgang der Sonne, und das Angesicht, darf ich sagen? unseres Freundes. Wenn Sie mich gesehn haben, darf ich die Bitte eher wagen oder unterlaßen, daß Sie mich in das Herz Ihrer Amöne einführen. So ungekannt möchte die Herrliche mich unbescheiden finden, eine Freundschaft zu fodern, die ich erst nach Jahren verdienen kann, wenn ich meine Bestimmung erfüllt habe. aber sagen Sie Ihr, daß ich am Willen den Vorzug vor allen, voraus habe.

Caroline.

Richter Lega-
zionsräthin

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Georg Christian Otto. Meiningen, 21. Juni 1801, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0128


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2⅔ S. Über dem Brief vfrH.: Wahrheit 6,200 / An Otto; unter dem Datum vfrH.: 1801.

Überlieferung

D: Wahrheit 6, S. 200-202 (unvollständig).


Korrespondenz

A: Von Georg Christian Otto an Caroline Richter, Bayreuth, 30. Juni 1801

Mit einem Brief Jean Pauls an Christian Otto vom 21. oder 22. Juni 1801.