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Freitags den 26ten Nov:
1822.
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Geliebte Odilie!

Ich schicke Dir hiemit des Vaters Kupferstich in dieser Rolle, welche Du, wenn Du gesund bist, Selbst zu Düroufs tragen kannst. Es sind 2 Blätter, wovon Eines an Düroufs bleibt, und das andere, wie ich die liebe Frau schon gebeten habe, für Herrn Heine, unter Glas und Rahmen gesetzt wird, welches wie ich meinte, ihm zu Weihnachten könnte gegeben werden ; wenn Du aber glaubst, daß es je eher je lieber geschehen soll, um ihm einen kleinen Spaß zu machen, der ihn in eine für uns günstige Stimmung versetzt, so bitte bei den guten Düroufs um schleunige Besorgung. Sie werden auch so gut sein mir nachso groß wie der Einbiegung des Einen Blattes, einen Rahmen für des Vaters Gemälde zu besorgen, der aber erst, mit Dir zu uns gelangen soll.

|2 Wüßte ich doch, was Du machst, gutes theures Kind! Wenn doch nur Deine Backe gut wäre! Wie sehr verlangt mich nach Nachrichten von Dir. Gebe Gott daß Du mir Deine völlige Herstellung im nächsten Briefe melden kannst! Liebes gutes Kind, lasse mir doch von der Kaufmännin Heim in der Domstraße, noch 2 Strang oder ¼tel lb [...] von der grauen Wolle holen, wofür ich das lb[...] fl. 12 xr zahlte, und schicke sie mir mit der Post. Es war von der Mittelsorte, sie hat dreierlei. Hier ist eine Probe von ihrer Stärke. Ich bin jetzt fertig, bis auf die Hälfte des 2ten Beines, und werde bis die Wolle kömmt fleißig an der Haube sein. Ist Dir die Besorgung der Blonden gelungen, oder nicht zu schwer geworden? Wenn es nicht gut ging, quäle Dich nicht damit, schreibe mir nur, wie es ist, und soll ich gleich das Geld schicken so sage es mir. Das Beste wäre wohl, wenn Behrs ganz kleine Pröbchen gäben. |3 Ob Deine Kiste wohl wird abgeschickt sein? Ich bin begierig, ob der Fuhrmann Herrn Heine meinen Brief gebracht, und ob er sie bereit hatte. Ist es nicht, so muß ich Ihm noch einmal schreiben. Bald werden wir Dein Kostgeld vom October, Nov: und December schicken, und Dir auch noch einen kleinen Überschuß, zu Deinen Bedürfnissen. Schreibe mir doch, was die Falk an Auguste gegeben und 2 an die Dienstboten, und 3 was die Manipuleurs bekommen müssen, und der Koch, schreibe es mir auf ein besonderes Blättchen. Hat denn die Margarete noch Lust nach Baireuth zu kommen? weißt Du es nicht? Heute bin schon herumgegangen um einige Kutscher zu fragen ob sie auf Neujahr nach Würzburg fahren, ich will alles recht früh und vernünftig einleiten. Ich habe zwar sehr viel Zerstreuungen durch gute Menschen, die mich sehen wollen, und wirklich |4 fühle ich mich bei Vielen glücklich, aber ich laße mich dadurch nicht von dem Hauptzweck für den ich jetzt lebe, ableiten, Baireuth ist zu gesellig, so daß recht viel Kraft dazu gehört um seine häuslichen Geschäfte nicht zu verabsaumen. Die Gräfin Schönburg ist wieder hier, und besuchte uns heute morgen, sie frug wie alle Menschen recht viel nach Dir. Sie ist gar zu liebenswürdig und oft viel natürlicher als die Welden. Denke Dir, daß Emanuel noch nicht beim Vater gewesen ist. Ich war nach meiner Zurückunft dort, und seine Frau bei mir aber nun gehe ich auch nicht eher hin als bis er zu uns gekommen.

Lebe jetzt wohl mein Engel. Tausend Grüße vom Vater und Emma. Pflege, schone Dich, und mache Dir alle Freuden die Du wünschest. Machst Du Dir keinen Caffeé mit den Mädchen? Ich küße Dich tausend, tausendmal.

Deine
Mutter.

Verspare Deine Neugier und mache die Rolle nicht auf, ehe Du sie bei Düroufs siehst, man verdirbt die Kupferstiche so und Herrn Heine darf es nicht eher sehen.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 29. November 1822, Freitag . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0227


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

Zur Datierung: Nicht der 26. sondern der 29. November 1822 war ein Freitag.