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Coburg 12 t Juli 1804.

Theurer Emanuel,

So sind wir endlich mit allemn Schwierigkeiten aufs Reine, und bald mit unserm Habe und Gut bei Ihnen. Wie viel Sorge haben wir Ihnen gemacht! warlich schon um der Aufhebung der Bier und Quartier Noth willen sehne ich mich nach Baireuth – die für Sie eine wahre Plage war – Gott sei Dank! werde ich ausrufen, wenn ich erst ausgepakt habe. Wie freue ich mich auf den ersten Abend, da wir Sie und Otto’s bei uns haben werden, und auf alle folgende unzählige solche Familien Abende!

Mein Mann würde Ihnen selbst schreiben und danken, wenn er nicht in diesen Tagen im Galop das Musenpferd reiten müste, um seine ästhetischen Papiere nach Jena zu senden wo sie alzu rasch druken. Korrigiren und copiren geschieht fast zu gleicher Zeit, indem der halter täglich das abgefertigte holt, um es nach einigen Stunden ins Reine geschrieben, wieder zu bringen. Ich wolte unsere Ziehtage fielen so gleich ein, damit Richter gezwungen wäre, zu faullenzen, indem er so nicht ruht, da es seinem Körper so nöthig wäre.

|2 Etwas in Ihrem lezten Briefe hat meinen Mann sehr gedrükt, und auf den ganzen Tag, da er ihn empfing seine Heiterkeit genommen, etwas so unmerklich leises von Zürnen, was ich gar nicht fühlte, aber er zu finden glaubt und was sich auf den Gebrauch Ihres Einfals , über Wangenheim und Kretschm. Streit , bezieht. R. bildet sich ein, W. sei indiskret damit umgegangen. Es ist wahr Richter fand in der Publizität eines anonymen Einfals nichts – doch behielt er sich vor auf W. Anfrage ihn in seinem Buche brauchen zu dürfen, [...] ; Sie erst darum zu fragen.

Jezt hat er dem Verleger ( Mahlman ) auf jeden Fall befohlen den Einfal sofern er sich im W. Manuscript findet ohne Umstände zu durchstreichen. ohne dem M. zu sagen daß es der Ihrige ist.
R. ist also unschuldig, wenn auch W. mit seiner Voreiligkeit ihn hier gemisbraucht hätte. Sagen Sie mir, irrt sich R – oder nicht? Ahnden Sie dis wirklich an ihm? Eine so heilige Freundschaft darf nicht vom Zufal angegriffen werden. – – –

Von Ihren seeligen Tagen in Regensburg sollen Sie mir viel erzählen, ich kann mir es denken, wie Sie da einheimisch wurden und von der der Gewalt der süßesten Umgebung sich nur mit Gewalt losreißen konnten!

Sie haben ausgezeichnete Freundinnen, Emanuel wißen Sie denn daß ich Ihre herrliche liebenswürdige Caroline Bachof hier gesehen |3 habe, daß sie bei mir war – daß wir uns recht nahe gekommen sind? Wir hielten beide unseren Gottesdienst in einer Kirche, können Sie denken, und wie sehr müste ich sie lieben! – – –

Sie wäre nicht zu mir gekommen – aber das hiesige Vogelschießen was gerade an den beiden Tagen ihres Hierseyns gehalten wurde, zeigte uns, unsere Gestalte – sie näherte sich mir, ohne das ich ihre Gegenwart ahnete mit den Worten "denken Sie, Emaneluel, nannte Ihnen, Caroline" – sonderbar war nun mein schnelles Errathen ihrer Person – und wie schön war es nun – am folgenden Tag besuchte sie mich mit ihrer Schwester Morgens, und den Abend waren wir wieder unter wildes Getümmel, doch allein füreinander. Es war sehr schön und bleibt mir unvergeslich.

Wie sanft, wie anziehend ist ihr freundliches Gesicht, und alle ihre Ausdrüke!. – –

Sagen Sie mir zieht wirklich die Caroline Goldschmidt nach Baireuth, oder ist schon gar dort ? Wie sehr mich diese Nachricht frappirt hat kann ich Ihnen nicht sagen – und ich möchte sie gern, sehr gern nicht glauben dürfen .

|4 Danken Sie dem edeln Uhlfelder noch recht für seine Bemühung uns unterzubringen – wie freue ich mich auf seinen Umgang, und wie sich die beiden Freunde , oft bei uns finden werden – Genug es giebt nichts, als herrliche Erwartungen!

Nun bleibt freilich noch die lezte Sorge um ein Mädchen , aber ich hoffe wegen der allgemeinen Manier der höchsten Reinlichkeit, die ich überal in B. fand, daß ich meine liebste Tugend an einer Magd finden werde. Als Kinderwärterin braucht sie gar nicht zu taugen, weil ich nun einmal so eigensinnig bin, meine gut gerathnen Kinder nicht verderben laßen zu wollen, und das thun die besten Kindermägde. Sie hat auch weiter nichts mit ihnen zu thun als mit ihrer Wäsche, die freilich wöchentlich, wozu der Freitag bestimmt ist, von ihr besorgt werden muß. Kann sie kochen, so ist es mir recht, wo nicht, so laße ich mir es recht gern gefallen – Sie sehen also, daß ich nicht zu unmäßige Talente fodere – nur Ehrlichkeit Ordnung, Fleiß, und gute Wäscherin – letzteres ist meine schwächste Seite. Unser Lohn bestimmen Sie als das höchste in B. bis jezt geben wir 12 rth und 2 Laubthaler Weihnachten – einen guten Menschen kann man nicht theuer genug bezahlen.

Diese Papiere legtm M. für Thieriot bei.

Grüßen Sie Otto’s recht sehr – an Amöne schrieb ich, wenn ich mich nicht sehr schämte, als wenn ich sie zu guten Gesinnungen gegen mich bestechen wollte, so eigenüzig sähe es jezt aus – da ich es so lange nicht that. Wenn wir uns sehen, hoffe ich, soll alles vergeben werden. Leben Sie wohl bester guter Emanuel – – –

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Emanuel. Coburg, 12. Juli 1804, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0495


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Textgrundlage

H: Jean Paul Museum Bayreuth, Hs JP 20-3
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

B: Von Emanuel an Jean Paul. Bayreuth, 8. Juli 1804 (?) (4. Abt., Bd. IV, Nr.356)

Präsentat unter dem Datum: 18t — beantw. (Antwort nicht überliefert.)