Von Emma Richter an Ernst Förster. Bayreuth, 27. Januar 1826, Freitag

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Darf wohl meine rauhe Handschrift vor Ihr Malerauge kommen, lieber Herr Förster? Ich wollte, Sie wären mein Vetter oder sonst etwas näher mit mir verwandt, als aus Noahs Schatzkästlein, oder als mein christlicher Nächster, so wüßte ich was Ihnen zu schreiben. Nun aber sitze ich ziemlich dumm vor meinem Papier und weiß nicht wie es genugsam anzuschwärzen, als etwa mit einem Dank für die Freude Ihres Briefes und seine vergrößerten Buchstaben, die mich Ihre sonst fast weiblich schöne Hand gut lesen lassen. Daß Ihnen bei mir eine Perle einfällt, ist sehr natürlich und aus der Reihe der Vorstellungen erklärlich, könnte Ihnen aber auch ebensogut eine Forelle vorschweben, denn der Perlenbach bei Berneck – aus dem Sie wahrscheinlich Ihr Bild gefischt und der jährlich seine Ausbeute dem Könige liefert – spielt vier Stunden weiter in Gefrees dem Wirth Forellen in die Küche, und jeder hungrige Gast findet außer allem was er befiehlt nur sie vor; darum und aus dem Zusammenhang der Kopf- und Magennerven ist es mir fast unbegreiflich, wie Ihnen die Forelle nicht näher gelegen. Daß aber Ihr Phantasiebild keine ‚Schmeichelei‘ (wenn ich vierzig Jahre lang in der Wüste des Lebens herumgezogen, hoffe ich doch auf dieses Manna) sein soll, ist sehr ärgerlich. Warum nehmen Sie mir denn vor der Nase (oder vielmehr Feder) die Gelegenheit weg, meine Bescheidenheit auf das vortheilhafteste zu zeigen? – Eine Bitte: denken Sie nicht zu gut von mir, lieber zu schlimm! da bleibt was übrig, beim erstern aber steht man gar zu arm, und man will doch sein Auskommen haben.

Zitierhinweis

Von Emma Richter an Ernst Förster. Bayreuth, 27. Januar 1826, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0506


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Textgrundlage

D: Ernst Förster, Aus der Jugendzeit, Berlin und Stuttgart 1887, S. 346-347.


Korrespondenz

B: Von Ernst Förster an Emma Richter. München, 21. Januar 1826