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Leipzig 28 Januar 1803.

Sie haben mir einst einen warnenden Wink gegeben, werthester Freund, dem Herrn v. Kotzebue nicht zu viel einzuräumen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß Sie sehr Recht gehabt haben . Doch von mir soll nicht die Rede seyn.

Die Unwürdigkeiten aber, die er gegen Göthe u gegen Weimar überhaupt häuft , empören Jedermann. Es versteht sich, daß der große Künstler, der auf K. wie auf ein Gewürm herabsehen muß, nicht die geringste Notiz davon nimmt. Aber es ist doch nicht so ganz recht, dünkt mich, daß ihm |2 Alles so hingehe. Nun mögte ich zwar, über dessen Haut er auch schon gekommen ist, mir den Verdacht der Wiedervergeltung zuziehen, wenn ich irgend Jemanden es nahe legen wollte, dem Obscuranten-Präsidenten in die Flanke zu kommen. Ich will das also am aller wenigsten, indem ich Ihnen davon spreche, an dessen Achtung mir gelegen ist. Nur zwingt mich eben Liebe zur Gerechtigkeit, mich, bey Ihnen gerade zu erkundigen: ob das Gerücht, was aus Weimar zu mir gekommen ist, gegründet ist, |3 daß der Herzog über K.'s Betragen in dem Grad indignirt i s eyn soll, daß er nie mehr nach Weimar soll kommen dürfen . Ich werde dazu aufgefordert diese Notiz dem Publ. zu geben , u mögte diesenhalb sicher seyn. So übel wäre es nicht, wenn sie, wofern sie wahr ist, jetzt gerade mitgetheilt würde, da der König ihm eine Präbende u – arrige aures ! – eine Stelle bey der Akademie der Wissenschaften in einer sehr schmeichelhafte Kabinetsordre hat antragen laßen , |4 wenn er ihm den Wunsch äußert, ihn in Berlin behalten zu mögen. Die Sache würde dadurch allerdings ein wenig pikant.

Dürfte ich also um einen kleinen Wink von Ihnen bitten, wie ich mich am besten dabey zu verhalten habe! Und wollten Sie, wenn an der Sache etwas wäre, Ihren Brief allenfals so einrichten, daß er (versteht sich unter der heiligsten Verschwiegenheit, die ich Ihnen auf Ehrenwort zusage!) dem Publikum vorgelegt werden könnte? Ich erwarte von Ihrer Güte eine baldige Antwort.

Ihr

ganz ergebenster

Spazier

Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Johannes Daniel Falk. Leipzig, 28. Januar 1803, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0546


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Textgrundlage

H: GSA, 15/II,1D,13
1 Dbl. 8°, 4 S.