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Baireuth den 17ten März
1814
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Mit innigem Schmerz, meine geliebte ewig verehrte Freundinn, habe ich in Ihrem Briefe an Emanuel , Ihren großen Verlust erfahren. – – Die Entfernung hat nicht die rührende Erinnerung Ihres gegenseitigen Glückes bei mir schwächen können, welches mir in dieser mangelhaften Welt [...] , als das rRReinste und uUngetrübteste vorschwebte. Wie selten ist eine so vollkommene Ubereinstimmung aller Wünsche und Neigungen, wie bei Ihnen gegenseitig der Fall war! Allein das muß auch jetzt für Sie der kräftigste Trost sein, daß Sie Ihren geliebten Mann so glücklich gemacht haben wie wenige Menschen es werden können. Wie kamen Sie alle seinen Wünschen zuvor, wie wahrhaft mütterlich sorgten Sie immer und überall für ihn! O Gott wird Sie dafür segnen durch alle Ewigkeiten! – – – –

|2 Theure verehrte Frau! wie fühle ich es mit Ihnen, wie groß in manchen Minuten Ihre Sehnsucht nach dem immer geliebten Mann sein mußmag – ich kann mich so ganz in Ihrem Fall hineindenken, und es Ihnen nachfühlen wie Ihnen zu Muthe sein muß,! Ach die Trennung durch Tod ist doch das Härteste was uns das Leben zu tragen aufgelegt hat. –

Schon im vergangenen Sommer als der Doktor durch Baireuth reißte, erfuhr ich von ihm von derdie Kränklichkeit des trefflichen Mannes. Unbegreiflich war es mir damals, wie ein so gesunder kräftiger Körper denvon einer solchen Krankheit ergriffen sein konnte. Die wärmsten Grüße trug ich damals dem Doktor an Sie auf, und bat ihn recht angelegentlich, Ihnen zu sagen, daß ich mit derselben Liebe und Theilnahme |3 wie ehemals, Ihnen ergeben wäre. Daß ich Ihnen nach den Tode Wagners nicht antwortete ist freilich unverzeihlich – aber rechnen Sie es meinem Herzen nicht zu. Man sollte nie etwas aufschieben, weil jeder Aufschub am Ende zur gänzlichen Unterlassung führt. Allein Wir fühlten schmerzlich seinen Verlust, der durch die rührende Art, wie er vom Leben Abschied nahm, noch erhöht wurde.

Möchten wir Sie doch einmal noch wiedersehen können herrliche treue Seele! Wie oft habe ich mich in das trauliche Meinungen zurükgesehnt, in dem wir durch Ihre Liebe und Güte so viele frohe Stunden hatten . Was ist seitdem auf dieser unruhigen Welt vorgegangen, und warum haben Sie Gute, so sehr unter dem Druk der Zeiten leiden müßen, deren Haus ein Tempel der Gastfreiheit war?! – – –

|4| Bin ich Ihnen noch ein wenig lieb, beste Seele, so schreiben Sie mir doch recht bald, unterdeßen empfehle ich mich Ihrem Andenken mit meinem Mann und Kindern, die jetzt bald große Menschen sein werden, und mir unendliche Freude machen, denn sie sind ganz Kinder ihres Vaters . Gott seegne Sie und erhalten Sie mir Ihre Freundschaft – – Caroline Richter

Auch mir, liebe Freundin, hat Ihr zerrissenes Glück wehe gethan. Ihr Trost ist, daß Sie Ihm einen frühern Himmel gegeben, als noch eh er den andern fand. Könnte man aber droben trauern, so würde Er es gewiß, daß Er seine Pflegerin auf einer für sie immer mehr aussterbenden Erde einsam zurück gelassen. – Man sollte doch Reisen am wenigsten verschieben; wie oft wollt ich nach M ! – Grüßen Sie Ihren Heim u die Schwendlers . Gott tröste Sie.

Ihr

Jean Paul Fr Richter.

Alle alten Freunde und Bekannte grüßen Sie herzlich von mir.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter und Jean Paul an Johanna Heim. Bayreuth, 17. März 1814, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0601


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Textgrundlage

H: Kunstsammlungen der Veste Coburg, A.IV,699,(1),4
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

D: 3. Abt., Bd. VI, Nr. 847 (nur von Jean Paul).