Von Johann Ernst Wagner an Johanna Heim. Meiningen, 5. Februar 1809, Sonntag
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an die Frau Hofräthin Heim. Den 5n Febr. 1809.
Andre plagen sich mit Sorgen
Jeden Morgen,
Wie doch wohl die Tageszeit
Unter Lust und Fröhlichkeit,
Mit Gespräch' und neuen Kunden,
Bey
den Kranken und Gesunden,
Und in Thee- und Kaffeestunden,
Durch ein
wechselnd Allerley
Angenehm zu tödten sey.
Andre wollen viel erscharren,
Fahren ohne Rast und Ruh
Selbst den Käs-
und Zwiebelkarren
Täglich auf und ab und zu,
Schreiten, mit dem
Unverstand
Hand in Hand,
Flüchtig über's Grosse hin
Zu des
Kleinen Scheingewinn;
Wollen lieber Schlechtes wählen
Als den Beutel
ziehn, und zählen
Wehmuthsvoll für Küch und Keller
Jeden Heller
Mitten in dem Angstgenuß
Nach dem Sechszehnguldenfuß .
Andre seufzen täglich kläglich,
Sehn unsäglich unbehäglich
Jedes neuen
Tages Bahn
Schielend von der Seite an,
Fliehen dann vom eignen Heerde
Zu der Nachbarin Beschwerde,
Fühlen so nach jedem Tage
Abends
ihre alte Plage.
Aber Du bist stets gemüthlich,
Thust den Menschen gerne gütlich,
Findest Ruh am eignen Heerd,
Kennst die Zeit und ihren Werth,
Und
bey ihrer Stunden Eile
Fühlst Du nichts von langer Weile.
Still in treuer Häuslichkeit
Sorgst Du nur, in Deines Gatten
Pflege nimmer zu ermatten,
Stets zu lächeln ihm bereit.
Deiner Freuden schönstes Ziel
Ist der
Kinder süsses Spiel.
Überall in Deinem Hause
Sah ich Dich mit klugem Muth
Immer nach dem
Einz'gen streben,
"Daß die Sache thue gut";
Daß die Menschen ruhig
leben
Und gesund an Seel und Leib.
Traun! Du bist ein braves Weib.
Ernst Wagner.
Zitierhinweis
Von Johann Ernst Wagner an Johanna Heim. Meiningen, 5. Februar 1809, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0895