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Meiningen den 23n Febr. 1810.

Könnte ich Ihnen, Bester, doch schildern, wie schön und tief Ihr verehrter Brief vom 20stn mich gerührt hat! Ach, diese Welt ist doch lieblich, und es wandern so herrliche Menschen auf dem lieben Sterne, daß man oft versucht wird, mit Herders Charikles auf eine Seelenwanderung in die Runde zu hoffen.

Den innigsten Dank für den Verkauf der Holzgemälde! Heute erhielt ich auch von Völkershausen die 4 Carolins, (worüber ich Ihnen für den Eigenthümer hier die Quittung anlege) und, hätten Sie doch das freudige Gesicht des guten Menschen gesehen, der so dankbare Grüsse Ihnen sendet – dem nun auf lange geholfen ist! – Hierbey noch eine innige Bitte! Sollten Sie Ihren – ach so herrlichen und prächtigen Vorsatz ausführen, noch vor dem Frühlinge hieher zu kommen, so wünsche und bitte ich gar sehr, in Meiningen (ich mag noch in diesem Lande leben oder nicht) doch ja nirgends von der Geschichte dieser Gemälde zu reden oder sonst etwas davon zu entdecken. Gewisse Bedi Verhältnisse machen die gütige Erfüllung dieser Bitte wichtig für mich; (mündlich das Nähere!) und da Sie alles gethan haben, Trefflicher, so weiß ich, Sie werden auch diese Bitte noch gern erfüllen!

Was Sie mir über meine lieben Knaben sagen – – dafür können nicht Worte danken, sondern Thränen – und stille Gebete zu dem Höchsten! Freuen Sie sich mit mir, Bester! Der 2te Febr., mein Geburtstag, war ein schöner Tag für mich. Gleichsam mit der Morgenröthe sandte mir meine treffliche Fürstin einen wahren Engelgruß, und in ihm das (ganz ohne mein und Jemands Zuthun, nur aus [...] der eignen reinen Quelle dieser göttlichen Seele entsprungen) Versprechen, meine theuern Jungen schon jetzt an einigem Unterrichte unsers süssen Prinzen Theil nehmen zu lassen, und sie, sobald es Zeit dazu, auf ihre Kosten in Dresden in der Malerlehre zu unterhalten! – Welch ein schöner Morgen war das für mich, mein verehrter Freund! |2 Um wie viel ruhiger und freudiger gehe ich nun schon dem Grabe entgegen!

Ach, Sie stellen Sich womöglich vor, wie sanft und stille mein Leben zu werden anfängt!

Sollte ich Sie wirklich noch einmal ans Herz drücken, Lieber, Theurer – dessen herrlicher Geist mir hienieden so wohl that?

Grüssen Sie die holde Minna aus der Tiefe meines Herzens – und eben so meine dortigen Gönner und Gönnerinnen! Göttliches Weimar!

Ewig, ewig

Ihr

treuer und dankbarer
JEWagner

Zitierhinweis

Von Johann Ernst Wagner an Friedrich von Müller. Meiningen, 23. Februar 1810, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1084


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Textgrundlage

H: GSA, 68/618, Bl 29-30
1 Dbl. 4°, 1⅓ S. Auf S. 4 Siegel und Adr.: Sr | des Herrn Geh. Regierungsraths von Müller | Hochwohlgeboren | in | Weimar. Postfrey. Poststempel: R3.MEININGEN.