Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 18. September 1822, Mittwoch

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Bair. den 18ten Sept. 1822.

Geliebte Odilie!

Gewis hast Du die Sachen erhalten die ich dem R. R. Hecht mitgegeben habe. Gestern hoffte ich schon auf einen Brief von Dir wenn Du nur nicht krank bist. Doch ich denke morgen wird ein Brief von Dir kommen, und bitte Gott daß er mir gute Nachrichten von Dir bringe. Ich schrieb Dir doch im vorletzten Briefe , der Vater denke wirklich an eine Reise zu Dir – und das ist nun gewis! – Er will am Sontag Abend mit Emma bei Dir sein ! Gewis bist Du außer Dir vor Freude, wenn Du dieß liesest aber mäßige Dich, damit nicht Unruhe und Bewegung Dir schade.

Wird es, nun möglich sein, daß der Vater |2 ein Zimmer auf derselben Seite nach dem Garten zu, erhalte wo Du wohnst sei es in derselben Etage oder eine Treppe höher? Denn Du weißt liebe Odilie wieviel eine schöne Aussicht zu seinem Glücke beiträgt. Empfiehl mich an Auguste und Herrn Heine, und frage sie ganz offenherzig darum und ob es im Geringsten nicht genirt. Emma kann bei Dir sein, wenn sie auch nur ein Canapee zum schlafen hat. Der Vater wird zwar oft eingeladen werden, allein im Nothfall will er an Herrn Heinis Tisch essen wie ich es that.

Nur soll ihm in keinem Fall entgegen gefahren werden, weil er es durchaus nicht leiden kann, also bleibe ja ganz ruhig in Deiner Zelle, wenn man Dir auch zureden möchte, es zu thun, Du kennst ja wie viel bei |3 dem Vater auf Kleinigkeiten ankömmt. Sorge nur daß Bier für ihn da ist, versteht sich auf seine Kosten.

Ich lege hier einige Briefe an Frölich und den Med. R. Durouf bei, die so freundlich gegen mich waren, damit der Vater gleich freundlichen Empfang findet. Wenn doch die gute liebens würdige Frau von Durouf von ihrer Reise zurückgekehrt wäre, damit der Vater sie auch kennen lernte. sie hat die ersten Bekantschaften. Indem ich den Vater zu Dir reisen sehe bin ich unendlich beruhigt. Weldens sind seit Sonntag zurück, und die gute Welden glaubt daß Deine Maschine Dich sehr geniren müsse es schiene als wenn die Armstützen zu hoch wären. Du thust Dir doch nicht zu viel Gewalt an, meine Herzens Tochter? Und muß es denn so sein? Bist Du auch nicht zu bescheiden |4 und erträgst aus Güte mehr Zwang, als nöthig? O sage es mir ja. schreibe mir gleich. ich bin sehr bekümmert um Dich. Überhaupt antworte sogleich, wenn Du auch glaubst der Vater könne schon von hier abgereißt sein. Er will für den Sonnabend früh um 3 Uhr den Wagen bestellen. Wie freue ich mich um Deinetwillen!

Der Vater war seither immer etwas ängstlich wegen seiner Gesundheit. Aber nachdem er sich Bitterwasser verschrieben ist er wohler und heitrer. Er hat den 3ten Band des Kometen beendet, und will eine Zeitlang nicht so sehr anhaltend arbeiten. Er sann lange auf eine Erholung, bis er sie zu meiner großen Freude in der Reise zu Dir fand. Sind die guten Falks nicht noch in Würzburg? Welch ein großer Zusatz wäre das, zu des Vaters Glückseeligkeit. Adieu Adieu, lebe wohl meine liebe herrliche Odilie, der Brief muß auf die Post.

Deine treue Mutter

Sollte aber am Mittwoch, Donnerstag oder Freitag, schlecht Wetter einfallen, dann ist es nichts, also freue Dichnoch nicht allzusehr. Heute, am Dienstag ists es himmlisch hier. Die Briefe schickealso nicht ab, wenn es nicht am Freitag noch so schön ist.
Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 18. September 1822, Mittwoch . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0026


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H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.