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B. 20 Sept. 3

Car! Am ersten Tag nach unserm neuen Jahr u zwar am ersten will ich an Sie, in ihm schreiben; weil es im vergangenen nicht mehr geschah.

Wer sich auch das Schreiben so erleichtern kann wie Sie!

Das ist keine Kunst, einen Brief auf der Stelle, so bald man ihn gelesen zu beantworten; aber möchten S. nie – wenigstens an den Briefen an mich, nie erfahren, welcher Unterschied es ist zwischen gleich u nach zweien Monaten zu antworten.

Acht Tage eine Antw. schuldig zu bleiben, das sind 8 Wochen; aber 8 Wochen? Die wollen nicht viel sagen, das sind kaum 8 Tage.

Als S. mir schrieben, C., war mein Richter mit seiner herrlichen Car. u ihr engelisches Kind, meine Emma, b. mir u auch meine seltene Jette, mit ihrem Manne, aus Rgsbg.

Eben so sehr es mich erfreut hat, die C. R. u Jette Br. zu vereinigen, eben so sehr würd' es mich freuen, wenn ich S. u Jette vereinigen könnte. Nachdem mich dieße verlaßen hatten, erwartete ich meinen Thieriot u endlich kam er auch.

Wir verlebten bei nahe 3 Wochen prächtig zu sammen, dann begleitet' ich ihn nach Cobg zu R.s, wo ich 5 Tage blieb.

Jetzt erwart' ich ihn wieder. V. mir geht er n. Regensb. München u Wien. So verging mein Sommer – größtentheils in Erwartung, im Genuß, in Erinnerung – so schön wie ein Frühling. Heute ist der Geburtstag der lieben Emma; in diesem Jahre noch wird die gute Caroline noch einem Wesen einen Gebtg. geben . Oft sprachen wir v. Ihnen, Car., mit gegenseitigem Vergnügen. S. haben Ihren Sommer nützlicher verwendet, S. haben ihn verarbeitet. Werden S. zur Meße in Leipzig seyn? Nur einige Stunden wenigstens möcht' ich mit Ihnen b. unsr. Mahlmann verleben.

Grüßen Sie mir die Liebe, so herzlich als S. die Caroline grüßt.

S. die Mahlm., will die Car. in Coburg besuchen u – wenn sich s gerade so träfe – im Wochenbette pflegen ; worf ich mich f. Beide innigst freue.

Mein aelterer Bruder ist gegenwärtig in Ffta/M u kömmt dieses mal nicht n. Leipzig, was mir nicht lieb ist, weil ich geglaubt hatte, daß er S. dort finden würde.

Seh ich S. bald od. spat – sehen werden wir uns gewiß: so werd' |2 ich viell. keine, viell. nur wenige v. den kleinen u großen Hindernißen mehr anzugeben wissen, die mich noch nicht n. Berlin ließen u lassen.

M. Uhlf., der S. innigst verehrt u recht rein grüßt, hat seine zweite Tochter der Jette mit n. Regensb. gegeben, wo sie in sehr guten Händen ist. Da man hier so etwas nie gesehen u auch noch nicht erwartet hat: so können S. sich vorstellen, wie sehr dieses hier aufgefallen .

Das ist u bleibt wahr, das Beste des Menschen läßt sich nie aussprechen, nie, weder mit dem Munde noch mit der Feder; ab. das wenige, das wir mittheilen können, mittheilen, das wir dem Papier geben; das sollten wir doch auch für uns, als Belege für u über uns selbst, behalten.

Es ist also Schaden f. S., daß S. Ihre Briefe nicht abschreiben.

Eigentl. kann man in einem Briefwechsel nie recht verstanden werden, wenn man seine Briefe nicht abschreibt; ab. S. wollen es ein mal nicht anders u da muß ich mirs wohl gefallen lassen.

Wenn die halbe Welt mit dem Emanuel ganz zufrieden wäre: so wär' ich s doch nicht halb mit ihm u das mit einem Rechte, als sich – die halbe Welt sage was sie wolle od. was Sie wollen – auf eine ganz unpartheyische Selbstkenntniß gründet.

Bald hoff' ich nun wieder vieles v. Ihnen, v. Ihrem Leben, v. Ihrer Arbeit, v. Ihren Reisen zu lesen.

Nochmals bitt' ich S., unsre Mahlmanns f. mich zu küssen u zu grüssen, so herzlich wie Sie's können u wollen, wenn u so bald S. n. Leipzig kommen.

Verzeihen S. dem späten Antworter.

Leben S. wohl, Car., recht wohl!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 20. September 1803, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0149


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
1 Bl., 2 S.