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B. 24 Juni 3.
[...]

Carol. Warum sollten S. denn aber auch eher sollen, als wollen? Wer will denn das?

28ten.

Das einzige was ich wünschte wäre doch, daß S. Ihre Briefe an mich, wie ich die meinigen an Sie verdoppeln, abschrieben, weil man – so wie ich sonst – sich zu lange besinnen muß u am Ende doch selten eine Antw. ganz genießen kann.

Es ist durchaus nicht gut, daß S. nichts als Gutes v. mir glauben.

S. glauben nach meinem Glauben nicht so günstig vom Menschen Emanuel, als ich vom Menschen überhaupt geglaubt haben will.

Die besten Menschen sind – Menschen.

Alle fehlen mir d. h. Alle verfehlen die rechte Bahn, die so leicht zu verfehlen wird, weil sie so sehr schmahl ist.

Manchem wird es leichter auf diesem Drath zu gehen, manchem schwerer; die meisten fallen bisweilen rechts, bisweilen links herunter.

Billigkeit, Schonung, Liebe gegen den Fehlenden, ist besser, sicherer, ruhiger, als nicht an dessen Fehler zu glauben.

Jede Eigenschaft muß sich mühsam durch arbeiten u keine einzige bleibt am Ende doch ohne Flecken.

Den Werth, den S. auf meine Briefe legen, halt ich sehr werth u ich weiß ihn zu schätzen.

Wenn ich den Meinigen vorausgehen sollte: so soll jeder das Seinige wieder zurück bekommen, das ist längst mein Letzter Wille.

Schon hab' ich auch Weniges v. Einigen, denen ich nachkomme, mir wieder zurück geben lassen.

Das ist, denk' ich, das aller Sicherste.

Wohl kann ich s Ihnen im Scherz geschrieben haben, daß S. meine Briefe nicht recht lesen u also natürlich nicht recht nehmen; aber man macht mir im Ernst den Vorwurf, bisweilen im Schreiben weniger auf d@ Leser, als auf Schreiber zu denken u dadurch oft undeutlich od. zu dunckel zu bleiben.

Da mir diesen Vorwurf gerade einige Competente (selbst J. P. Fr.) Richter machen: so ist er gewiß nicht zu verwerfen.

|2 Es ist das Vergleichen u das Unterscheiden dem Menschen so natürlich, daß er keinen Augenblick seines Lebens ohne sie machen kann; allein das widerspricht weder mich noch meine selige Freundin. Wir wollen nur, daß wir nicht vergleichen wollen, ohne daß wir dadurch unnatürlich werden wollen.

So sehr ich eines Theils Ihr prächtiges Gedächtniß bewundere, da Sie "[...]" wie ein [...] schreiben können, so werden Sie sich doch über dasselbe aergern, wenn ich Ihnen gesagt haben werde, daß Ihr "ferner glaub' ich daß man unmöglich alle seine Freunde gleich liebt" wenigstens v. mir wäre, wenn ich Ihnen nicht, in meinem aller ersten Brief an Sie, schon viel mehr gesagt hätte; denn dort heißt es: "Und da man nie zwei Menschen ganz gleich lieben kann u nie v. zweien ganz gleich geliebt werden kann u. s. w."

Aber ich danke Ihnen doch für Ihre prächtigen Widersprüche (nicht "Wiedersprüche"), sie gefallen mir.

Suchen Sie u Sie werden derer finden, mehr als mir Freude machen kann.

Car., ich war einst u u sehr lange sehr fromm; ich versäumte kein [...]; war oft selbst [...] dabei u da ich es gut u ehrlich meinte u dabei die Menschen eben so liebte als jetzt d. h. da ich eben so gut war als jetzt: so war ich fromm u glücklich.

Sie müssen mirs glauben, Caroline, ich bin beides nicht, weit nicht mehr so, seit dem ich eines nicht mehr so bin.

Mad. Uhlmann hat Recht; aber Ihr Bild des braven |3 David Friedländers ist doch recht gut u ich glaube, auch – nach dem was ich v. ihm weiß – recht gut getroffen.

Allerdings malt jeder Maler sich mit hinein, um so mehr gefällt mir dieses Gemälde eines Mannes, der uns doch wirklich viel Ehre macht.

Ob wohl Angelicka Kaufmann, der keines Mannes Bild gerathen soll – so gut wie Sie mit der Feder malen kann?

2t Julii

In diesem Monat werd' ich meinen Thieriot, meinen Richter u u meine Henriette Braun, die aus Paris zurückkömmt , bei mir haben. Wann werd' ich Sie wieder sehen?

Mein Uhlf. u alles was Mein ist heißt, dankt Ihnen u grüßt Sie.

In Uhlf. Gartenhaus bau' ich noch immer Luftschlößer mit Lust. Halten S. Wort u malen mir mehr Friedländer mit Ihrem Frieden, in Ihrem friedlichen Lande. Könnt ich Copien nicht so wenig leiden, daß ich selbst meine eigene nicht mag: so würde ich sagen: "Schreiben Sie mir nicht wenn Sies können"; ab. ich sage u bitte lieber: Schreiben Sies so oft u so bald Sie können u vergessen Sie mich so wenig wie ich Sie.

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 24. Juni bis 2. Juli 1803, Freitag bis Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0172


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
1 Dbl., 3 S.