Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 29. Dezember 1822, Sonntag

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B. Sontags den 29ten Dec.
1822.

Geliebtes Kind!

In diesem Augenblik wo wir Deinen Brief erhalten, will ich Dir gleich antworten. Freitag hätte ich Dir gern geschrieben, aber wir wurden zu Bomhards gebeten, und da ich so lange nicht in einer großen Gesellschaft war, weil ich mich nicht von meinen Arbeiten wollte zerstreuen lassen, und ich die letzten 10 Tage vor Weihnachten in einem jammervollen Zustand hingebracht, dadurch daß rechts und links von unserer Wohnstube gezimmert und getöpfert wurde, und das alles in der entsezlichsten Kälte; so sehnte ich mich ordentlich einmal wieder unter Menschen. auch des Vaters wegen, der sonst nicht hingegangen wäre. Nun weißt Du wohl, daß wenn 2 Menschen, Emma und ich, sich mit Anzug beschäftigen müssen alles andere darunter leidet. Aber mit schwerem Herzen hörte ich 4 Uhr schlagen, die Stunde wo man |2 Briefe auf die Post gibt. Doch der Gedanke daß die Nachfreude des Weihnachtsfestes und die Zubereitungen zu Eurem Maskenball Dich beschäftige, erleichterte mir den Kampf. Möchtest Du doch recht froh gewesen sein, meine Seele!

Der Vater ist wohl, und heiter. er ist so zufrieden mit Deinem Cabinet – er freut sich jedesmal wenn er durchgeht. Wenn wir Dich doch schon hier hätten. Obgleich das Schwerste abgemacht ist, kann ich doch nicht ruhig sein bis Du wirklich hier bist. Daß Dir die Kleinigkeiten lieb waren, die ich Dir blos zu Deiner Bequemlichkeit und Gesundheit geschickt habe, freut mich sehr, ob Du mich gleich jammerst, nichts werthvolleres bescheert bekommen zu haben, da gewis die anderen Mädchen prächtige Geschenke erhalten haben.

|3 Die Kette ist noch dazu von der Emma.

Wie kannst Du denken, daß ich mit der Auswahl des Geschenks an Herrn Heine unzufrieden bin? Der Vater und ich, finden es ganz recht, so wie Du es gemacht. und daß die Manipuleurs etwas bekommen müssen, ist natürlich. Sage mir nur in Deinem nächsten Briefe wie weit das Geld gelangt, damit ich nachhalten kann.

|4 ich bitte Dich um Gotteswillen, habe keine falsche Scheu mir alles zu sagen. Mich kann nur das Verschweigen böse machen und kränken. Wenn ich auch noch so sparsam bin, werde ich in einem so außerordentlichen Fall, wo man auf bedeutende Ausgaben schon gefaßt ist, nicht unvernünftig knausern und Ehre und Anstand verletzen.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 29. Dezember 1822, Sonntag . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0209


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2 S. und 2 halbe Seiten.