Von Caroline Richter und Jean Paul an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 5. Oktober (?)1804 und 10. November, Freitag und Sonnabend

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Baireuth den 5ten Octobr.
1804
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Mein geliebter Vater,

Schon seit mehr als acht Tagen habe ich Ihren durch Ernestine an mich geschikten Brief in Händen, allein die Vorbereitungen zu meiner Niederkunft , die ich jezt mit jedem Tag erwarten muß, ließen mir nicht früher Zeit ihn zu beantworten.

Der Inhalt des an uns alle gerichteten hat mir tiefen Schmerz gemacht, denn ich kenne Ihre Empfindlichkeit für jeden Schein des Undanks den wir notwendig gegen Sie haben müsten, wenn Ihre Zweifel an unsern Herzen gegründet wären. Ich weis nicht warum oder woher diese entstanden sind, weil ich in meinem Innern unverändert bin, und ewig seyn werde. auch begreife ich nicht, wie Sie, mein theurer Vater, aus dem Zusammenflus bloßer Zufälle voraussezen können, daß wir die unglükliche Fehlschlagung unserer schönen Hofnung Sie wiederzusehen , Ihnen, oder Ihren Gesinnungen gegen uns zurechnen könnten. Bei Gott, ich bin erstaunt, über diesen Ihren Glauben, und betheure Ihnen, daß es mir nicht eingefallen ist, deshalb an Ihre Liebe zu zweifeln.

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Bair. d. 10. Nov.
1804

Verehrtester Vater!

Gestern abends um 11 Uhr, gerade am Geburtstage von Max, wurde meine Caroline glücklich und leicht von einem kräftigen Mädchen entbunden. Noch fühlt sie sich fast zu gesund für ihren Muth. Da ich seit gestern aus einem Autor ein Wärter geworden: so werden Sie die Kürze vergeben, womit ich die Geschichte |3 meiner Freude und die Versicherung meiner unveränderten Dankbarkeit und Hochachtung Ihnen gebe. Vielleicht gewinn’ ich in den nächsten Wochen die Zeit zu einem längern Blatte. Ich und Caroline grüßen Sie und Ihre treffliche Gattinn mit warmer ehrender Seele.

Ihr
dankbarer Sohn
JPF Richter

Zitierhinweis

Von Caroline Richter und Jean Paul an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 5. Oktober (?)1804 und 10. November, Freitag und Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0274


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. 1 S. von Caroline Richter, 2 S. von Jean Paul. Auf S. 4 Adr. von Jean Pauls Hand: H. geheimen Obertribunals Rath | Meyer | Berlin.

Überlieferung

D: 3. Abt., Bd. V, Nr. 29 (nur von Jean Paul)


Korrespondenz

Caroline Richters Brief ist unvollendet, möglich ist auch ein Irrtum bzgl. des Datums: Statt im Oktober könnte er auch im November, also kurz vor ihrer Niederkunft mit Odilie geschrieben worden sein.