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Leipzig 26 Octbr. 1802.

Ich habe es als einen besondern Beweis Ihrer Güte angesehen, hochzuv. Herr Rath, daß Sie mir, theils um meiner selbst theils zum Behuf öffentlicher Mittheilung, Ihre innersten Grundsätze in Ihrem Briefe vom 29 7br. ausgesprochen u mich auf mancherley aufmerksamer gemacht haben, wovon man durch den großen Strom leicht abgerissen wird, wenn man einmal in einer Lage darauf sezen muß, wie die meinige ist, u worauf der Herausgeber eines öffentlichen Zeitblattes allerdings |2 mehr, als ein Anderer, zu achten haben sollte. Es ist aber wirklich gleich bey Eröffnung meines Blattes meine Maxime gewesen, es gänzlich zu einem Eigenthum des Publikums zu machen u alle meine eigenen Überzeugungen u Ansichten, soviel es nur irgend geschehen kann ohne mich selbst zur Maschine herabzuwürdigen, dem höhern Zweck der allgemeinen Aktion u Reaktion der Kräfte, die auf diesen Platz geführt werden sollten, unterzuordnen. Ich glaube dieser Maxime bis jetzt |3 nach Möglichkeit gefolgt zu seyn, u es ist mir daher wirklich gleich viel, wie vielen oder wie wenigen Antheil man mir an dem Leben u Bestehen der Zeitung darüber zugestehe. Auch habe ich, ohne Einrede der Eitelkeit, es sehr gut über mich gewinnen können, ohne die höchste Noth nichts von Allem, was ich selber sprach u mir von Außen zugeführt ausdrücklich hat scheinen sollen, zu bezeichnen. – Ich sage das darum, damit Sie sehen, daß Ihre Gedanken größtentheils mit den meinigen zusammentreffen; |4 Aber auch noch darum, weil meine Geräuschlosigkeit u Bescheidenheit u mein Streben nach Unpartheilichkeit den Verfasser vom Fest der Laune (für den man Ew. Wohlgeboren mir hat bezeichnen wollen) vermogt hat, mich so ungefähr auf Null zu reduciren. Sie können leicht erachten, daß sowohl mein Glaube an Ihr besseres Herz, als auch die vollkommenste Überzeugung, daß dis Produkt, dem ich manchen guten Einfall selbst auf meine Kosten nicht abspreche, sehr weit unter |5 der Erwartung lässt, die man von Ew. Wohlgeboren Talenten haben darf.

Wenn ich Ihnen auf Ihren gefälligen Vorschlag, der Zeitung einen Auszug aus Ihrem Werke "die Poesie u Kunst betreffend" geben zu wollen, – welcher meinen verbindlichsten Dank erheischt – nicht gleich geantwortet habe, so ist Ihnen vermuthlich schon Selber daraus hervorgegangen, daß ich wenigstens bey dem Erforderniß in mehreren Blättern – Umrisse dazu geben zu müssen, auf diesen Vorzug leider Verzicht thun muß.

|6 Mein Verleger hat dazu nicht in Bewegung gesetzt werden können, um so weniger, da die Kupferblätter für den Rest dieses Jahrgangs schon angeordnet sind u das Frontispiz zum folgenden von neuem ansehnliche Kosten macht. Ich kann darüber nicht so unbedingt disponiren, da nicht ich die Kupferblätter bezahle, sondern Herr Voß, der für Alles was Kunstinteresse erfordert, wofern es mit gangbareren Dingen in Kollision kommt, einen wahren horror empfindet, weil er |7 auf diesem Wege ehemals Tausende zugesetzt hat. Es hilft also nichts, wenn ich auch diesen Verlust für das Blatt noch so sehr bedaure, ich muß mich in seine Wünsche u Bitten ergeben.

Immer aber, Sie mögen mich auch wirklich einmal zum Gegenstand Ihrer guten Laune machen, werde ich dies Ihr gütiges Anerbieten, zu dem meine Bitte Sie vermogte, zu schätzen wissen, u mich freuen, wenn Sie darum nicht abstehen wollen, der Zeitung irgend einmal |8 eine Kleinigkeit, am liebsten mit Ihrem Namen, zu geben.

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Spazier.

Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Johannes Daniel Falk. Leipzig, 26. Oktober 1802, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0325


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Textgrundlage

H: GSA, 15/II,1D,13
2 Dbl. 8°, 7⅓ S.