Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 28. Juni 1816, Freitag

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Baireuth den 28ten Juni
1816

Geliebter Vater!

Der Besuch des Herrn Geheimrath Stein überraschte mich auf die angenehmste Art doch nicht wenig erschrak ich, als er mir erzählte, daß er Sie krank verlassen habe! Beruhigend war es Ihm daß ich keine Nachricht von Ihnen hatte, indem es ihm ein Zeichen dünkt daß Ihr Übelbefinden sich nicht verschlimmert habe. Allein so tröstlich mich mir selbst das Schweigen von Ihrer und der theuren Mutter Seite, sein kann, so ist doch eine Unruhe und Bangigkeit in mir, bis zu dem Augenblik da Einer von Ihnen Beiden mir schreiben wird, die ich nicht mäßigen kann. Gott wird ja nicht geben daß mein einziger geliebter Vater ernstlich oder gar gefährlich krank sei - Sie würden Ihrer Tochter doch schnell Nachricht von einem bedenklichen Zustande geben. Nein es ist nicht möglich daß Sie mich in Ungewisheit ließen, und daß ich das Theuerste auf der Erde unwissend zu verlieren in Gefahr wäre. Der G R. Heim sagt mir daß Sie bis dahin ganz gesund waren – stark – wohler als er selbst aussehend, der in einem Alter von 69 Jahren noch äußerst kräftig zu sein scheint. – Ihr vieles Arbeiten aber und mancher Verdruß griffen Sie an. Ach geliebter Vater schonen Sie Sich doch Ihr ganzes Leben war ja eine Kette von Aufopferungen und Entbehrungen[.] warum wollen Sie nicht endlich einmal ausruhen und die Ihrer Familie so köstliche Zeit Ihres Alters nicht sorgenfrei zubringen? Ach warum muß ich so weit von Ihnen entfernt sein; und kann nicht dem geliebtesten Vater einige Stunden des Tages Erleichterungen anbieten, oder wenigstens |2 die treffliche Mutter ablösen.

Gewis haben Sie unterdessen meinen Brief bekommen, schon fing ich an eine Antwort zu erwarten, die wenn mein Brief richtig besorgt ist, nun auch bald kommen muß. Gott gebe daß ich nicht lange mehr ohne Nachricht von Ihnen bleibe. Glauben Sie, daß ich bis dahin keinen ruhigen Augenblick haben werde. Aber Gott wird mein Gebet erhören – bald hoffe ich durch die beruhigendsten Nachrichten zu hören daß Sie theurer geliebter Vater meinem Glück erhalten sind. Gott segne Sie! Ich kann heute nichts mehr hinzusetzen, als daß mein Mann so innig als ich Ihre Genesung hoffte, und Sie innigst grüßt.

Beruhigen Sie sobald als möglich

Ihre
treuste Tochter
Caroline

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 28. Juni 1816, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0345


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 4°, 1½ S.


Korrespondenz

A: Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 3. August 1816, Sonnabend