Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 7. und 8. November 1804, Mittwoch und Donnerstag

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B., 7 Nov. 1804

Schon hab' ich die Anzeige meines lieben Bruders, v. den freundschaftlichen Beweisen des Ihrigen in Hamburg u noch hat die gute Schwester meinen brüderlichen Dank noch nicht, für die mittelbaren Beweise, die sie selbst in Berlin gegeben hat.

Gute Car.! Nehmen S. meinen herzlichen Dank, für Alles was mein liebster Bruder Ihnen zu verdanken hat, für Alles was S. ihm in Berlin erzeugten u für Alles, ws S. ihm in Hamburg erzeugen lassen.

Es thut meiner sehnenden Seele unendlich seelenwohl, daß unsre Brüder, unsre gute Brüder v. uns zusammen geführt worden sind, v. uns, durch die gute Vorsehung, die mich Ao. 1 nach Leipzig geführt hat.

Oft, ich will antworten, oft frag' ich mich: wie – was würdest Du ohne Deine Leiden seyn? u eben so oft bleib' ich bei der Frage, theils willkührlich, |2 theils unwillkührlich stehen.

So viel weiß ich, in meiner strengen, einfältigen Jugend gut war u – bis meine immer währenden Leiden angiengen – eines der glücklichsten Wesen, die es auf der Erde geben kann. Aber Schweigen ist besser.

Vor ungefehr 5 Jahren hat ein Mann u Weib Friedländer aus Königsberg, an Richter geschrieben ; ist das viell. Ihre Bonne? Das sollte mich sehr freuen.

Richter hat mich so eben mit einem Billet u seiner "Aesthetik", die göttlich ist, beschenkt.

Thieriot hat uns vor 8 Tagen verlassen u ist nach Offenbach gegangen, wo er sich auf 6 Monate engagirte.

Dem braven Pik geht es also eher besser, als wir es vermuthen konnten.

Aber Ihr Versorgungsamt dürfen S. bei mir, f. ihn, doch noch nicht niederlegen.

Der Himmel ist mein Zeuge, daß es mir leid thun würde, wenn ich dem fleisigen |3 Jüngling nicht manchmal noch eine kleine Freude machen könnte; da ich mich nun auf ihn, d. h. auf den Jüngling nicht verlassen kann: so bitt' ich S., mir es zu schreiben, wenn S. viell. bemerkten daß er einen od. den andern Wunsch od. ein Bedürfniß hätte, das man ihm abhelfen, od. den man ihm erfüllen könnte.

Am 8ten

Gestern vereinigten sich alle gute u böse Geister mit mir, auch so gar ein Weib, um mich nicht mehr an Schreibtisch zu Ihnen zu lassen, Car. Alles was S. mir, über die nun nicht unternommenen Geschäfte mit meinem Uhlf. schreiben, haben S. aus meiner Seele geschöpft. Nicht ganz ohne Geschäfte, hab' ich deren nicht genug um mich zu zerstreuen. Blos der Arbeit willen möcht' ich Arbeit haben. Viell. giebt es wenige Menschen, die lieber arbeiten u die einen richtigern Geschäftsblick haben, als ich.

Aber die Menschen überhaupt sind es, mit denen man doch die Geschäfte machen muß, die mir meistens sie verbittern u dann die Geschäftsleute neben mir, die ich durchaus nicht |4 gerne berühre.

Und so muß ich natürlich mehr allein bei mir u selbst bei meiner Seelenbeschäftigung – u selbst bei meinen liebsten Menschen seyn, als es viell. gut ist.

Die Fr. v. Kalb kenn' ich als eine der geistreichsten Frauen, eben durch Richters .

So wenig ich glaube, daß S. mehr nach neuen Bekanntschften sehr weit langen: so wünsch' ich Ihnen doch zu diesen Glück.

Ja wohl, Car. soll es das nächste Jahr seyn, das Uhlf., der S. sehr, sehr verehrt u aus seiner reinen Seele grüßet, u mich nach Berlin bringen wird.

Wie viel werden wir uns dann zu sagen, zu fragen u zu antworten haben!

Mich soll das schöne Berlin wenig unterbrechen. Dann wollen wir v. unsern Brüdern uns unterhalten. Ich werde Ihnen dann mündlich noch herzlicher für die Aufnahme des meinigen danken u für Alles ewig dankbar seyn.

A Dieu, Car!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 7. und 8. November 1804, Mittwoch und Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0378


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
1 Dbl., 4 S.