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Baireuth den 16ten Aprill 1821.

Dein Schweigen, geliebter Max, so viel Entschuldigungen ich mir auch aufzähle, fängt doch an, ängstlich zu werden, und die Wahrscheinlichkeit, daß Du Dich jetzt auf der Reise befindest vermehrt noch die Kluft zwischen uns. Möchtest Du gesund und glücklich sein! Meine ewige Furcht ist wegen des Geldes, denn ich fürchte zugleich daß des Vaters Unzufriedenheit mit Deiner Handschrift Dein Zartgefühl, seine väterliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, noch erhöht und Du lieber den dringendsten Verlegenheiten Dich unterziehst als Dich aussprechen. Welche schmerzliche Gefühle dieß in mir erregt kann ich nicht sagen, und wenn Du Liebe für Deine Mutter hast, befreie sie sobald als möglich von dieser Besorgniß. Seit vielen Wochen erwarteten wir vergebens an jedem Posttag, Briefe, und endlich wird die wiederholte Täuschung zum Schmerz. Der Vater liebt Dich ja so sehr – er forderte ja nur von Dir eine größere Aufmerksamkeit im Schreiben die Du |2 ohne Kränkung Deines Ehrgefühls als Sohn willig leisten kannst, und die Du Dir selbst bei Deinem schönen pflichtmäßigen Sinn auflegen solltest – und die Dir in jedem Lebensverhältniß Belohnung eintragen wird.

Doch nun genug der Ermahnung. Du hast doch den Niebuhr bekommen? – Der liebe Vater, dem die freundliche Jahreszeit wieder Zuversicht zum Leben gibt, war mit dem OberrechnungsRath Fischer in Bamberg als Catalani sang – zwar eine kleine Reise von 2 Tagen, aber erheiternd und die Häuslichkeit wieder in ihrem Werth setzend. Jetzt ist Walter aus Bonn und Niethhammer aus München hier. Dein Vetter Philipp Richter wünscht eine Antwort auf 2 Briefe – er will in den Herbstferien vielleicht eine Wallfahrt zu Dir, und dann mit Dir "weiter" vornehmen – ich bin ihm gewogen, weil Du ihn lieb hast. Erlangen ist jetzt sehr in Flor. Aber wie intereßant muß die Universität Bonn sein, wenn gleich politischer Druck dort ist.

Der junge Welden erwartet auch von Dir Antwort er wollte Dir von hier aus schreiben, allein wie |3 wird er in Mitte so vieler Familienergötzungen und geselliger Verhältnisse Zeit dazu haben! Sein treues warmes Herz ist mir sehr schätzbar, er sehnt sich aber nach einer anderen Hochschule als Würzburg.

Es ist jetzt eine sehr ruhige Zeit hier – und ich freue mich unaussprechlich der Ruhe, da ich leider seit langer Zeit mich in viele Verhältnisse verwickelt hatte, denen ich mich nur aus Gefälligkeit hingab. Jetzt werde ich blos an unsere Bedürfnisse denken, und ich bitte, Dich mir die Deinigen aufzuzählen. Im Sommer muß ein Nachschuß an Socken und Hemden für Dich gearbeitet werden, die Du gegen den September brauchen wirst. Auch reut es mich oft Dir so grobe Bettüberzüge mitgegeben zu haben, und wenn Du irgend deshalb in Verlegenheit bist, kann ich Dir mit dem Vater anderes schicken, und jenes dafür eintauschen. Sage mir doch ja recht aufrichtig wenn es auch geringe Gegenstände sind, was ich thun soll. So entfernt wie Du mir bist, muß es mir ja die gröste Freude machen, für meinen guten Sohn sorgen zu können.

Da dieser Brief nur gelegentlich mit dem des Vaters, an Voss , geht, so darf ich nicht weitläuftiger sein, bitte Dich nur noch einmal flehentlich um die Rechnung und erflehe Gottes Seegen für Dich geliebtes Kind. Vater und Schwestern grüßen Dich heiß und innig. Deine Mutter.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Max Richter. Bayreuth, 16. April 1821, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0383


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. Auf S. 4 Adr.: Des | Herrn Studenten Max Richter | Wohlgeboren. Siegelreste.


Korrespondenz

A: Von Max Richter an Caroline Richter. Heidelberg, Ende April 1821

Mit dem Brief Jean Pauls an Heinrich Voß vom 13. bis 17. April 1821 mitgeschickt. Caroline Richter hatte offenbar Max' Brief vom 11. April 1821 noch nicht erhalten.