Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 19. und 20. Januar 1823, Sonntag und Montag

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Sontag den 19ten J:

Geliebte Odilie!

Heute bekamen wir Deinen Brief worin Du Deinen Wunsch ausdrückst lieber zurückgereist zu sein, als dort zu bleiben. Der Vater und ich freuen uns Deiner Liebe, die uns höher achtet als alle Freuden die Du dort haben könntest, allein jetzt ist es uns ganz recht, daß alles so gekommen ist, und Du wirst gewis auch zufrieden sein. Indem unsre Brief hin und herlaufen ist schon wieder etwas von der Trennungs Zeit verstrichen, und indem die Beeilung Deiner Maschinen die Folge unseres Drängens war ist doch Etwas Gutes daraus entsproßen. Nun bist Du frei und gewis sollst Du am 1ten bis 3–4ten Februar abgeholt werden. Ganz recht ist es uns mit dem Mädchen – mit Freuden bezahlen wir ihre Verköstigung unterwegs und logiren sie . Ich werde morgen mit dem Kutscher sprechen, damit Du nur 1 Nacht unterwegs bleibst. Burg Ebrach ist der beste Ort, zum Nachtquartier. Morgen schicken wir mit der fahrenden Post das Band – da wird Emma und Fanny Dir schreiben. Bis dahin lebe wohl geliebtes bestes Kind, in Eile – ewig Deine treuste Mutter

|2 Gestern wollte ich diesen Brief abschicken als ich einen mir ganz fremden Besuch bekam. Herr Heine hat Dir gewis von einer Frau erzählt, die mit Dir hätte reisen können, und wirklich ist es Schade, daß Du um solche Reisegesellschaft gekommen bist. Es ist die Frau eines englischen Arztes der in Königsberg wohnt . Sie ist zwar häßlich, und man kann ihr Alter nicht errathen, aber sie scheint höchst intereßant zu sein, und betet den Vater an, sie küßte ihm die Hand und wollte durchaus nicht neben ihm aufs Canapee sitzen vor lauter Ehrfurcht.

Hier ist das blaue Band, die Spitzen sollst du um den Ausschnitt des Kleides einreihen, aber nicht auseinanderschneiden Du bringst mir dann beides wieder mit. Alles was Du mir noch zu besorgen aufgeben mußt, sage mir nur im |3 nächsten Briefe ganz offen, mein geliebtes Kind, ohne die geringste Furcht michunbescheiden zu sein. Das ist die schönste Eigenschaft, das unbegrenzte Vertrauen zu einem Menschen zu seiner Liebe. Was für Wäsche, Lichter und dergleichen zu zahlen ist, ehe du abreisest und wieviel Du an Gelde noch in Cassa hast, Alles muß ich wissen. Es ist mir nie zu viel, was die Nothwendigkeit erheischt. Lebe wohl, süßes theures Leben. Gott beschütze Deine Gesundheit daß wir froh uns wiedersehen.

Ewig
Deine treuste
Mutter Caroline

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 19. und 20. Januar 1823, Sonntag und Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0424


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
2 Bl. 8°, 2¾ S.