Von Emma Richter an Luise von Welden und Odilie Richter. Bayreuth, zwischen 26. und 30. März 1822, Dienstag und Sonnabend

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Siehst Du, liebste beste Moulli , daß ich Wort halte. Die faule Fanny die ich heute Morgen besuchte, war viel zu bequem Dir zu schreiben, auch nur ein paar Worte wie ich, denn zu vielen habe ich keine Zeit. Wie ich heute Morgen zu Fanny um ¾ 9 Uhr zu Fanny kam war sie eben den Bett entstiegen, und noch ganz en negligé. Sie ist wieder wol doch hat der zweite Feuerlärm sie so erschreckt daß sie unwohl wurde und man ihr Thee machen mußte. Heute Abend kommt sie zu mir und wenn Dei etwa da die Deine Ohren klingen so wirst Du schon wissen warum, wenn Du den Brief bekommst. Dein heldenmuthiger Bruder war so hülfreich bein Einreissen des Hauses daß ein Balken auf seinen Fuß fiel, und er selbst durch die Erschutterung auf die Erde, doch hat es ihm Gottlob nichts geschadet.

Hast Du denn wol in Bamberg Deinen Vetter gesehen? Ich vergaß ganz die Mutter zu fragen ob sie sich dort ein wenig aufhält.

Ich mußte heute Früh Fanny und der Sixtus noch alle unsere Nachtbegebenheiten erzählen, sie lassen Dich Beide tausendmal grüßen. Die Briefe werden recht ärmlich, aber was läßt sich von einigen Stunden erzählen , zumal durch eine so schläfrige |2 Erzählerin. Aber Du bist nicht böse, nicht wahr Moulli, ich schreibe blos damit ihr wißt daß es zu Hause gut und still zugeht, und ihr in keiner Angst seid. Zu der Brandstätte wallfahrtet jetzt Alles, eine Menge Menschen umgibt sie noch. Sage doch der Mutter daß ich heute Vormittag abgeschrieben und daß ich diesen Nachmittag mein Kleid will anfangen zu nähen. Ich will es überhaupt jetzt so eintheilen, es müßte denn schönes Wetter und dadurch Spazierengehn mich daran hindern. Jetzt muß ich Odilien auch ein paar Zeilen schreiben. Lebe wol Herzensmoulli, und nimm ja nicht übel daß ich so schlecht geschrieben.

Ich küsse Dich.

Deine

treue Emma

|3 Liebste beste Diezo!

Denkst Du jetzt vielleicht auch an mich? Ich habe es heute den ganzen Tag gethan, an die guten Sachen die Du mir dagelassen haben auch ihren Theil an diesem Gedenken. Ich habe Dich gar nicht verstanden, und Dir darum gar nicht gedankt für das Konfekt, aber ich war ordentlich erschrocken daß so viel vor mir sah, wärst Du noch da gewesen ich hätte gewiß nicht alles genommen. Wie leid thut es mir daß ich Dir nicht dafür gedankt.

Mein Kästchen hast Du auch nicht mitgenommen war das mit Fleiß oder war es Vergessenheit? Der gute Kümpel grüßt Dich herzlich, er war heute Vormittag eine halbe Stunde bei mir, es kam mir gar so leer im Zimmmer vor da nicht einmal Dein Vogel darin ist . Aber Du solltest das Zimmer sehen Diezo! es ist prächtig aufgeräumt, und ich werde suchen Dich und Luise in Magnetischen Schlaf zu versetzen damit ihr mein Zimmer von Würzburg aus seht.

Hast Du auh Dich nicht auch geärgert über den zurükgelassnen Haferkuchen? Es ist ordentlich als hättet ihr keinen bekommen sollen, wenn ich die großen Stüke sehe und denke ihr habt nicht davon, so thut mir ganz wörtlich, das Herz weh.

|4 Wie freue ich mich auf euere Briefe . Uebermorgen können welche da sein wenn die Mutter heute noch schreibt, und dann wird schnell geantwortet!

Luise soll mir verzeihen daß ich an sie und Dich auf ein Blatt geschrieben, aber da sie die Schwesterrolle spielt, so thu ichs auch gegen sie und schreibe so.

Ich küsse Euch alle drei, und denkt an den guten Willen nicht an die Ausführung, beim Schreiben der Briefe.

Adieu Diezo. Sei vergnügt.

Deine treue Sippe.

Zitierhinweis

Von Emma Richter an Luise von Welden und Odilie Richter. Bayreuth, zwischen 26. und 30. März 1822, Dienstag und Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0437


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 1½ S. an Luise von Welden, 1½ S. an Odilie Richter.


Korrespondenz

Der Brief wurde nach der Abreise Odilie Richters am 26. März 1822 nach Würzburg zum orthopädischen Institut und vor Emmas Brief an Caroline Richter vom 30. März 1822 verfasst. Luise von Welden, die selbst schon im orthopädischen Institut behandelt worden war, begleitete Odilie und Caroline Richter nach Würzburg.