Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 31. August 1822, Sonnabend

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Sonnabend Abends den 30ten
Aug Sept. 1822.

Geliebte Odilie! Dein letzter Brief hat mich wegen der Trauer Nachricht die Du uns gabst sehr bekümmert, und ich hätte Dir gleich geantwortet, wenn ich nicht gewußt, daß Schwabachers einen Tag später als die Post, etwas an Dich mitnehmen könnten. Du gutes Kind! wie wirst Du um das gute Mädchen mitgelitten haben, und noch schmerzhafter wäre der Fall wenn es Eltern hätte. Du siehst aber hier, wie nothwendig es ist, die Seinigen bei der geringsten Kränklichkeit sogleich Nachricht zu geben, denn wer bürgt uns für den Ausgang auch der leise anhebendsten Krankheit? – Also beschwöre ich Dich bei Allem was heilig ist, wenn Du jemals Fieber, Kopfweh, und Mattigkeit spüren solltest, ja auf der Stelle, ohne allen Rückhalt an uns zu schreiben, denn Schonung ist in solchen Sachen, ein wahrer Frevel.

Du erhältst hier wieder etwas Taschengeld, lasse es von Auguste aufbewahren, damit Du nicht zu viel Sorge hast; das Monatsgeld kann ich mit Schwabachers nicht schicken, da sie nur einen Brief mitnehmen können. Am Montag reißt Hecht nach Würzburg der bringt Dir 4 neue Hemden, einen Pflaumenkuchen und 1 p. Handschuh, nebst 1 lb Chokolade, die ich Dir zur Gesundheit und Ernährung schicke, und nicht für Andere, die Du freilich nach Deinem liebenden guten Herzen immer traktieren willst. Aber in der Fremde, muß man haushalten lernen.

|2 Daß Herrn Heine noch immer verreist war, ist doch recht unangenehm, wahrscheinlich muß die gute Auguste erst seine Rückunft abwarten ehe sie mir antworten kann. Der Vater ist schon entschlossen Dich bis Weihnachten dort zu lassen, und ich glaube auch, daß Du mein geliebtes Kind Dich gern darin finden wirst. Früher glaube ich, Dich herauszunehmen, wäre glaube ich unvollkommenes Werk, und die Freude die es Dir machen muß, immer gerader zu werden welches doch so schön ist, wird es Dir den längeren Aufenthalt als wir anfangs glaubten, gewis erleichtern. Gott gebe nur daß Du gesund bleibst!

Weißt Du wohl daß der Vater diese Woche sagte, Er wolle nach Würzburg reisen? Es war an einem der schönen Morgen dieser Woche. Sei aber vernünftig, und baue nicht darauf Du weißt wie abhängig des Vaters Entschlüsse von kleinen Eindrücken sind. Aber wenn es wäre, wie glücklich wäre ich, gern wollte ich auf die Freude Dich zu sehen verzichten. Aber sage es noch Niemand, um dem unnützen und leeren Hin und Widerreden zu entgehen. Du sagst Dein Mantel sei schön? Das ist wohl zuviel Lob – wenn er nur recht sitzt, hat er denn die rechte Länge? Ich fürchte während der Krankheit des armen Mädchens hast Du recht Deine Kur vernachläßigt um zu helfen. Sei ja recht gewissenhaft in dem Gebrauch der Vorschriften je eher kömmst Du davon. Lasse Dir einmal eine Zeitlang alle Morgen Schokolade machen. Du brauchst kannst von jeder Tafel 6. mal frühstücken.

Adieu Adieu, mein
Herzens Kind

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 31. August 1822, Sonnabend . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0442


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 4°, 2 S.


Korrespondenz

Zur Datierung: Caroline Richter hat sich sowohl im Monat als im Tag geirrt; nicht der 30. September, sondern der 31. August 1822 fiel auf einen Sonnabend.