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B. 2.t 3.

Gute, rechte gute Car.! Ihre Briefe werden immer schöner u besser u mir, je mehr wir uns in Iihnen deutlicher werden, noch lieber u noch werther. Göthes Rath würde mir noch mehr gefallen, wenn er uns lieber sagte, daß wir ohne "den stillen reinen Wink des Herzens p" keinen Schritt thun, als daß wir ihn noch zu gehen lernen sollen. Nicht immer, ich wiederhole mich gerne selbst, dürfen wir diesen "stillen reinen Winken nachgehen", ab. sie müßen vorangehen, wenn wir gehen, wenn wir sicherer gehen wollen u sollen.

Wie weit wir ihnen nachgehen sollen, das ist schon schwerer zu bestimmen, da sie auf dem Wege schon lauter, schon unreiner, schon befehlender, schon anmaßender sind u es zusehends u zufühlends mehr werden.

Ich dächte, l. C., man könnte eben so gut vor diesen "stillen p" warnen, u wider sie stille reine Winke der Vernunft gebrauchen – als ihnen in Gesellschaft dieser folgen.

So spricht der Mann; vor zehn – fünfzehn Jahren sprach er noch nicht so u in zehn – fünfzehn Jahren wird er noch nicht so handeln. Kann man wol mit Liebe zuvorkommen, C.? Ist es leicht, so leicht wie Sie es sich zu machen glauben, zu bestimmen, wer zu der reinsten Liebe od. Freundschaft das Erste beigetragen od. gar das Meiste?

Gäb' ich meiner Eitelkt. auf Kosten meiner Ehrlichkeit Gehör, Sie würden bald ganz Recht bekommen; ab. es wäre nicht Recht. Das Weib, das, nach seiner Natur, mit dem Manne, der, nach seiner Natur, auch natürlich – spricht, das Weib, sag' ich, kann dem Manne nicht zuvor kommen, sondern die Caroline u der Emanuel – kommen, entweder einander zuvor, od. zugleich.

Doch dank' ich Ihnen herzlich, C., dafür, daß S. glaubten mir zuvor zu kommen u daß Sie es wollten u daß Sie mir davon, wie v. einer guten, verlebten Vergangenheit erzählen, um uns die Gegenwart dadurch zu reinigen u zu verherrlichen.

|2 Heute schreib' ich Ihnen mit einer Ruhe, wie Sie eine Antw auf Ihren lieben, ruhigen Brief , wenn man diesen nicht unwürdig sein will, erwarten können, u wie ich Ihnen lange nicht geschrieben.

Nicht immer verdien' ich eine unabsichtliche Liebe, als Lohn meiner Güte; denn ich bin nicht immer gut.

Oft möcht' ich den Meinigen laut zurufen, oft: heute liebet mich nicht, oft, sag' ich, C. u nur Einer unter diesen, das ist ich selbst, befolget meinen Willen schweigend u leidend, indem ich so rufe.


Es ist besser ich breche ab, denn ich werde dunkel.

Von allen Menschen, auch v. dem Menschen u über ihn kann ich leichter schreiben, als über den meinigen, so wenig auch von ihm zu sagen ist.

Car. Richter hat am 9 N. einen gesunden Jungen gehabt u er heißt Ernst Max Emanuel. Die Mutter ist auch gesund.

Sie setzten der Anwendung Ihrer Zeit dadurch noch die Krone auf, daß Sie sich so viel v. Ihrem schönen u nützlichen Leben abgebrochen u mir diese Zeit beschrieben haben. Mein Uhlf. hier u m. Thieriot in München grüßen Sie wieder recht schön. Viell. finden S. Richter, der die Ernestine begleiten wird, in Lpzg.

Sagen S.: Ja, wenn S. Ihre gute Prinzeß nächsten Donnerstag fragt. Waren auch Sie mit dem Herzog zufrieden?

Hier ist die kleine Schrift, die ich nicht brauche .

Dank, l. C., f. Alles, d. jede Nachricht u f. alles was S. mir geschrieben! Bleiben S. gesund u froh!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 2. Dezember 1803, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0461


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
2 Bl., 2 S.


Korrespondenz

A: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Nach dem 2. Dezember 1803