Von Max Richter an Caroline Richter. München, 1. und 4. Juni 1820, Donnerstag und Sonntag

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München am 1 Juny. 1820.

Beste Mutter!

Von der Freude des Wiedersehens kein Wort! Mehr bin ich um Dich besorgt und um euch, beste Schwestern; Eure Sorgfalt verdiene ich nicht; was mußtest Du ausstehen blos um andrer Menschen willen, ein schrecklicher Zustand war das! Wie kannst Du für Deinen Sohn so Dich abarbeiten, da ich ja alles im Überfluß habe. Daß ich den theuren Vater wirklich so fand, wie ich mir es dachte, daneben ein bischen helfen konnte, thut mir wohl. Hätte ich Dich auch so umarmen können, meine Mutter! Ach! an diesem Wort hängt viel und nur Liebe kann alles wiedervergelten. Wie hast Du so väterlich u mütterlich für den Theuern geputzt und möchtest Du in seiner Abwesenheit recht glücklich sein ; . Von den kleinen Plagen am ersten Morgen folge ein Abriß. Ich lief hin u her nach einer Wohnung u hatte deren genug aufgeschrieben u gefunden, aber nichts war dann geordnet u für den Augenblick unbrauchbar. Ein Zufall führte mich zur verewigten u unserer Rollwenzel ähnlichen Gail, die ich nie gesehen. Da sind nun 2 kleine Zimmer v, u u p. kurz alles ist so wie er es wünscht. Das war eine große Erbse für die Henne. Ich rieth zuerst bei Mann das Quartier an, aber wegen dessen Abwesenheit u besonders wegen des Schweigens der Fr v. Mann wurde daraus nichts.

Sonntag am 4 Juny

München ist noch immer nicht der Lieblingort und Freudenort vom des Vaters; nur Fremde bringen ihm Gutes. Herrn v. Mann ist er viel Dank schuldig; denn er bringt ihm die Nachrichten von dem Hofvisitten, deren die richtige Zeitanzeige von dem Abfahren nach Nymphenburg , das öfter als einmal geschehen muß p. Das Theater, für die italienische Oper eingerichtet, gefiel mehr wegen des gutbesetzten Orchesters, als wegen der Stimmen. Die Logen stehen durch Mann frei in allen 3 Schauspielhäußern ; B Roth u Schelling werden sehr vermißt; was ich von Thiersch halb schrieb , traf ganz ein. Ein Mittagessen bei Fr. v. Mann machte ihn nicht |2 froher, abgerechnet, daß er Mann u seine Frau doch achlen muß. Die Königinn wird morgen vielleicht ihn sehen; der König ist nach Tegernsee abgereist. Heute Abend ist bei Schlichtegroll Besuch; Ich freue mich, Dich beste Mutler bald zu sehen, da ich doch meinem besten Vater noch viele Wünsche schuldig bleibe, wenn ich von Heidelberg zurückkomme. Mit dem Wetterprophezeiungen will es nicht recht vorwärts gehen. Das Klima ist ein anderes; hier eben so die Menschen. Ich glaube schwerlich, daß der Vater hier wohnen möchte; Schelling u Roth könnten es|allenfalls bewirken. / Der junge Welden besuchte den ihn gestern und der Vater fand ihn ganz vortrefflich; sein Char Karakter ist die Liebe selbst. Das größte Lob wird Dir schon dieser Brief daneben aussprechen. Indem ich so schreibe, fällt mir erst die Beantwortung eines Briefes ein (v. Emma) . Über die Vorwürfe wundere ich mich. Meine grammatische Streitigkeit betrifft einen Fehler, den Du hier Dir nicht vergeben kannst. Daß ich doch nichts brauche, als Gesundheit zum Arbeiten seht ihr darauß, daß der Rock p. nun den verkehrten Weg über Augsburg nach Hause macht. Ich danke recht sehr dafür. Von Otilia erwartete ich auch etwas; doch sie ist gewiß zu fleißig am Klavier, ich höre ihre Töne bis München, daneben die der Harfe. Das Fronleichnamsfest entzückte d. guten V. u bei demselben das Rührendste die Knieung des Königs vor Straßenaltären . Mancher schöner Zug wurde bei Gelegenheit von unserm Monarch erzählt; das Mor die Eos fängt davon einige auf. [...] Der gesellschaftliche Ton findet sich meist in Privatzusammenkünften; Mein Brief, der heute ankommt , hätte wegbleiben können und besonders manche Fragen, denn jetzt sind sie schon beantwortet. Eben so bekommt ihr Alle heute Nachricht vom Kutscher , der sich einer solchen Fuhr freuen darf. Der Rückweg ist ihm mit 20 fl. bis Nürnb. bezahlt. Nun Lebt wohl u grüßt meinen alten guten Otto u Emanuel recht. Erhoffet bald m. größern Brief

Zitierhinweis

Von Max Richter an Caroline Richter. München, 1. und 4. Juni 1820, Donnerstag und Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). Textredaktion der Briefe von Max Richter: Dürten Hartmann. In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0525


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 8°, 2 S.


Korrespondenz

A: Von Caroline Richter an Max Richter. Bayreuth, nach dem 7. Juni 1820