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Leipzig 16 Januar 1809

Hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgebohren finden den Brief womit eine nicht völlig Ihnen Unbekannte die Freiheit wagt Ihnen beschwerlich zu fallen, einer Sendung beigeschloßen, die Sie vielleicht schon ohne mein Zuthun auf eine neue [...] Unternehmung der Verlagshandlung aufmerksam macht, welche Ew. Wohlgeb. wie ich höre, mit Ihrer besondren Vorliebe beehren.

Außer dem [...] angenehmen Umstande welcher mich in der Person des Herrn Brockhauß, mit einem der solidesten und unterrichtetsten jungen Buchhändler bekannt gemacht hat, rechne ich es mir zum besonders glücklichen Ereigniß, vermittelst einer neuen Geschäfts Verbindung, Ew Wohlgeb. gewißermaaßen näher gerückt zu seyn, was mir bis dahin der Zufall, bey so manchen andern Begünstigungen, noch immer recht eigensinnig versagte |2 und eine wie ich glaube verzeihliche Zaghaftigkeit, geflißentlich zu suchen mich abhielt.

Mit um so leichteren Herzen spreche ich mir den Wunsch aus, daß es Ew. Wohlgeb. gefallen möchte einige Aufmerksamkeit auf die noch schwachen Bestrebungen einer Frau zu wenden, die Ihren höchsten Stolz darin sucht einen Theil des Zutrauens zu verdienen, womit man ihr von manchen Seiten her entgegentritt. Auch Herr Brockhauß glaubt etwas Gutes erwarten zu dürfen, indem er ein neues poetisches Taschenbuch, dem er neben äußrem Schmuck, auch Werth des Inhalts zu geben wünscht, meiner näheren Sorgfalt, zu übergeben denkt.

Was könnte mir unter diesen Umstande wohl näher am Herzen liegen, als die Aufmerksamkeit und wo möglich auch die Theilnahme eines Mannes auf diese Sache zu ziehen, der allgemein als der Beschützer jedes schönern Strebens geehrt und gepriesen |3 wird! –

Ew. Wohlgebohren können ungemein viel für ein neu zu errichtendes Institut thun, sowohl was die Ausstattung der neuen Erscheinung betrifft, als durch das Licht, in dem sie ihre kleine Bahn am litterarischen Horizont zu [...] durchlaufen anfängt. Ich bin so frei, Ihre gute Gesinnung, für den Verleger sowohl als für mich sogleich auf eine kleine Probe zu stellen. – Die Maler Friedrich und Hartman, haben so eben eine Aufforderung von Herrn Brockhauß durch mich erhalten, einige [...] Ihnen vorgeschlagne Zeichnungen für den Almanach bewerkstelligen zu helfen. Der Erstere in so fern man die Erlaubnis von ihm erbittet von einigen seiner neusten Bilder: Namentlich, die Jahreszeiten Kopien zu Almanachs Kupfern nehmen zu dürfen – der letztere indem man die Arbeit selbst – von ihm wünscht . Eine nothwendige Diskretion die meine übrigen litterarischen Verhältniße welche schicklich machten, haben mich bestimmt beiden |4 Künstlern vor der Hand noch nicht alles zu sagen, was Sie bestimmen könnte den Vorschlag gern und willig zu übernehmen. Ew. Wohlgeb. kennen die Gefahren der voreiligen Schwatzhaftigkeit gewiß eben so sehr als ich, um meine Vorsicht zu billigen. Herr Friedrich und Herr Hartman, wißen also noch nicht, daß sie mit Herrn Brockhaus – einen eben so liberalen als bemittelten Buchhändler zu thun haben werden. Dürft ich nun wohl von Ew. Wohlgeb. die Gewährung der Bitte hoffen, wenn die Gelegenheit sich darböte, beide Künstler zur Annahme des ihnen gemachten Antrags zu bestimmen – indem Sie selbst Ihrein Intereße an der Sache auszusprechen die Güte hätten? – –

Dies ist aber noch nicht Alles, was ich Ew. Wohlgeb. zuzumuthen, die Kühnheit habe.

Oben erwähnte Kopieen von Friedrichschen Gemälden, würden nur erst vier Hauptkupferblättern des neuen Taschenbuches füllen Herr Brockhauß hat die Idee zwar nur sechs, aber diese sechs in möglichster Vollend |5 dung zu geben; sowohl was die Anordnung der Sujets als die Ausführung betrift. Er wünscht daß ich für die noch übrigen zwey mythologi Blätter mythologische Gegenstände wählen möchte –[...], sollte die Idee mit den Kopieen der friedrichschen, jetzt so viel Aufsehn erregenden Blätter an irgend einem Hinderniß scheitern so würde bey der Kürze der Zeit, die es ohnmöglich macht, sich nach anderen modernen Gemählden, (die eigentlich der Plan des Ganzen umschließt) umzusehen, doch nichts anders übrig bleiben, als für die nächste Lieferung sechs mythologische Darstellungen in möglichster Vollendung zu liefern.

Da die Antwort des Herrn Friedrichs, deßen Erklärung ich mir ausgebeten habe, über diesen Gegenstand noch abzuwarten ist; der wenn er ausgeführt wird, Herrn Hartmann wenigstens in Absicht der Figuren beschäftigen möchte, so denke ich Schnorr für die beiden unerlaßlichen mythologischen Zeichnungen zu wählen – und hege den Wunsch daß |6 Ew. Wohlgebohren es übernehmen möchte zu diesen projektierten mythologischen Darstellungen – den Kommentar zu machen. Ein Umstand der wie sich von selbst versteht die ganze Idee erst zu dem machen würde was sie seyn soll. – –

Ich erschrecke wenn ich über die Kühnheit dieses Briefes nachdenke – Ew. Wohlgeb. bekannte Humanität, so wie die Zuneigung, welcher sich Herr Brockhaus von Ihnen persönlich erfreuen darf, sind das Einzige womit ich die Unruhe welche mir der Gedanke giebt, daß Sie wohl gar über mich ungehalten seyn dürften, von mir abwehrn! – –

Mit der größten Erwartung seh' ich Ew. Wohlgeboren gütigen Antwort entgegen. Darf ich aber wohl noch die Bitte um äußerste Verschwiegenheit hinzusetzen? – Es hängt so viel für mich an der Erfüllung |7 dieser Bitte, daß ich mir sie gewiß von Ihnen versprechen darf.

Empfangen Ew. Wohlgebohren die Versicherung der innigen Verehrung mit welcher ich bin

die
ganz ergebenste

Minna Spazier
geb. Mayer

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Carl August Böttiger. Leipzig, 16. Januar 1809, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0552


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Textgrundlage

H:SLUB, Nachlass Böttiger, Carl August (1760-1835)Mscr. Dresd. h. 37, 4°, Bd. 193, Nr. 16
2 Dbl. 8°, 6¼ S.


Korrespondenz

Der Brief war Beilage einer nicht näher bestimmten anderen Sendung.