Von Karl Spazier an Carl August Böttiger. Leipzig, 28. Januar 1804, Sonnabend

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Leipzig 28 Januar 4.

Ich freue mich, mein theurer Freund, daß ich den Gewinn, den unser liebes werthes Sachsenland (wo, beiläufig gesagt, wie mir vorkommt, die hübschen Jungfern nicht mehr so recht wachsen wollen ) durch Ihre Versetzung nach Dresden erhält, so ein wenig ordentlich, u was die Hauptsache ist, mit Sicherheit habe verkündigen können . Ich denke es so verdachtlos genug gemacht zu haben, u indem ich die präsumtive Firma von dem Oberkriegs Sekr. Neumann darunter gesezt (Sie werden den Dresdner Allgegenwärtigen u Allwissenden doch kennen?) |2 hoff ich, sowohl einen förmlichen Korrespondenten auf die Beine gestellt, als diesen Kriegsmann in eine etwas komische Situazion gebracht zu haben. Ich kann Sie versichern, das er läßt sich dieserhalb Gratulationen machen, wundert sich so lange darüber, bis das Wunder an sich selber glaubt.

Nein, aber, seyn Sie mir herzlich willkommen. Ich freue mich wirklich ungemein darüber, daß Sie näher rücken und gönne Ihnen das schöne Kunst- u Naturleben in Dresden. Die 2000 rtl. in Berlin haben einen großen Namen : aber hätten Sie nicht dabey Amtsnehnung gehabt, so hätte ich einmal sehen wollen, was Sie mit einer Familie Ihres |3 Standes u Ihrer Verbindungen damit hätten anfangen wollen. Wohnung etc. haben Sie gewiß bey Ihrem künftigen Amte, u wie wohlfeil kann man sich in Dr . einrichten! Uns würde Sie der Preußische Mechanismus geschoren haben! Und dann das Umherreisen vielleicht in Süd- u Ost- und Westpreußen, u die lieblichen Akten, in die Sie sich würden haben vergraben müssen! Ich weiß nicht, im Preußischen (meinem werthen Vaterlande ) knarrt Alles nach der Maschine, wie gesagt u man fühlt sich im Dienste des Staats von lauter Seilen umwunden, [...] an denen man sich die Hände wund reibt. An den Ufern der Elbe werden Sie ganz anders leben.

|4 Nun, als sächsischer Patriot (will ich nur sagen) werden Sie doch wohl, frei gemacht vom Modejournal wenigstens, künftig ein kleines näheres Interesse an meinem Blatte nehmen, u mich bisweilen von dem gesegneten Überfluß, den Sie in Sich bewahren, profitiren laßen. Unser Seume meint das wenigstens so. Es würde mich sehr freuen, wenn ers getroffen hätte. Er läßt Sie herzlich weitergrüßen.

Durch mein Haus ist das Scharlachfieber gezogen, u ich selbst bin seit einen Paar Monathen gar nicht gesund gewesen . Es geht aber jetzt wieder erträglich. Sie wissen vielleicht, daß Richters Caroline u meine Minna fast zu gleicher Zeit von derben Jungen genesen sind !

Belieben Sie mich u die Meinigen allmählig mit in Ihr Herz einzuschließen u laßen Sie es sich zulezt noch in Weimar

gut gehen. Jena u Weimar lichten sich doch wirklich sehr!

Ihraufrichtig ergebenster Spazier.
Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Carl August Böttiger. Leipzig, 28. Januar 1804, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0564


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Textgrundlage

H: SLUB, Nachlass Böttiger, Carl August (1760-1835)Mscr.Dresd.h.37,4˚,Bd.193,Nr.14
1 Dbl. 4°, 4 S.