Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
Berlin d. 29. X. ber 12.

Meine liebe Caroline!

Zuerst über Deinen bösen Fuß, wovon ich so viel Erfahrungen an mir gemacht habe. Sollte er nicht in der Heilung seyn, so folge meiner Methode.

Du brauchst aus der Apotheke für einige Groschen

  • unguentum simplex
    womit unser Gerike die gefährlichsten Wunden stilt.
    Du beträufst eine dünne Charpie damit;
  • legst eine in lau gewärmten
  • extractus Saturni
    (der auch für ein Paar Groschen zu haben ist)
  • durchnäßte leinene vier doppelte Compresse darauf. und
  • bedeckst diese Compresse mit einem doppelt gefalteten Stük
  • Tobacks-Bley .

Wenn Dich die Wunde reitzt, verbindest Du sie von neuen; träufelst aber bey jedem Verbande, lauwarmes ordinaires Waßer mit einem Schwamm in die Wunde, um Reinigung u Heilung zu befördern.

Um des lästigen Verbandes mit einer |2 Bandage überhoben zu seyn, die sich so oft verrückt; laß Dir in der Apotheke sogenanntes Hefte Pflaster scheeren; u lege zwey, Finger breite Streifen queer über die Bley Compresse – so daß sie an den Fuß selbst ankleben.

Diese laßen nicht loß; und dienen selbst bey mehr als einen Verbande.

Auf dise Art hoffe ich Dich bald gesund zu sehen. Denn ich habe einmal ein halbes Jahr an einer solchen Wunde, wegen schlechter, oder vielleicht eigennütziger Behandlung der Chirurgi, gelitten. Übrigens gehet diser Vorschlag bloß Dich an, u ich will dabey gar nicht genannt seyn.


Über das Schmaltz wird Dir meine Frau wohl antworten. Die 8 rth 15 gr. Preußisch erhältst Du von mir; und ich will sie Dir durch Herrn Geheimen Rath Pfeiffer assigniren; um das Porto zu sparen.


Das Magnetisiren wird selbst von Herrn Hufeland als Heil Mittel da empfohlen, u geübt, wo die |3 gewöhnlichen Mittel nicht reichen. In so fern habe ich auch keine Zweyfel daran. Nur Schade, daß es in Berlin grösten Theils in den Händen junger Ärtzte ist, die damit anfangen, womit alte Ärtzte beschließen. Noch herrscht mehr Mißtrauen als Glaube, welches auch dem nüchternen Berlin zu zu trauen ist. So will die Geheime Räthin Klaatsch keinen Gebrauch davon machen, ob ich ihr gleich das letzte diesen Gegenstand berührende Stük der Hamburger gemeinnützigen Unterhaltungen (gegen Herrn von Schukmann gerichtet) mitgetheilt habe. ich glaube, sie thut unrecht, da bey ihr alle Kunst erschöpft ist. – Selbst ihr Artzt Heim , der bisher ungläubige, verwirft das Magnetisiren nicht gantz; kann sie aber nicht persuadiren.


Der junge Kalb ist gar nicht zu mir gekommen, sondern seine Mutter schickte Deinen Brief . – Gestern habe ich ihn bey der Mutter getroffen; u er stammelte Entschuldigungen aus Gründen, die sich auf seine Mutter bezogen; – ich vermuthe es hat an seiner Equipirung gelegen. – Es ist |4 ein guter Junge, dem ich die Formen erlaßen will. ich werde ihn zu mir einladen,, u als dann auch über Dein Anliegen mit ihm sprechen.


Julius ist sehr brav. Emma schwer in die Richte zu bringen. Doch hängt Sie an D.lle Westphal , bey der sie auf der Stube wohnt. Ist noch ein guter Funke bey ihr zu beleben, so gehets nur von der Seite. Sie möchte nichts wie Romane u Commedien lesen; welches zu ihrer Würdigung genug ist. ich fürchte nur Unglück wird sie spät hier weise machen können. Das gute was sie jetzt thut, ist Sache der unfreywilligen Gewalt, die sie sich anthun muß.


Minnas Lage ist sehr verwickelt. – Doch stehet die Altenburger Sache jetzt auf Vergleich; und ihre Strelitzer Geld Verlegenheiten endossirt sie auf mich. – ich gebe mich auch dazu her, um sie nur in ihrer jetzigen Lage zu erhalten.


Minona besitzt von Natur überwiegend gute Anlagen, u ich fürchte nur ihren Geist der intrigue, wozu die Klammer der Mütterlichen Lage so viel Anlaß gibt.


Aus dem Richard wird am wenigsten etwas werden; in moralischer Hinsicht nehmlich. Sonst ist er ein genie.

Hast Du denn die vorige Assignation auf 4. Fridr. d’or gantz oder nur zur Hälfte bezahlt erhalten, wie Herr Geheimer R. Pfeiffer behauptet? - Antworte hierauf.


Lebe wohl u liebe

Deinen treuen Vater Mayer.

Grüße Deinen Mann u küße Deine Kinder.

Herrn Nagler habe ich gesprochen – Frl. Altenstein

Zitierhinweis

Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 29. Dezember 1812, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0610


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.