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Leipzig d. 13. Nov. 1819.

Mit Vielerley zugleich, möchte ich, meine werthe Freundin; diesen Brief anfangen und da dies nicht seyn kann, so schicke ich dem Vereinzeln, den Hauptton voran: den Ausdruck meiner herzlichen Liebe zu Ihnen Allen.

Nun sage ich Ihnen grade heraus, daß Sie meine Feder etwas entfernt hatten, durch Ihren Brief vom 17. Sept. der keine allseitige Beantwortung des meinigen von Löbichau war, durch welchen ich Ihnen, so zu sagen im Geist Ihrer eigenen Augen, Nachricht von den Aufenthalt Ihres lieben Mannes daselbst mit warmer Theilnahme an Ihrer Freude, gab, und Sie, erwiedern mir dies, mit einen "Dank für meine Güte, ihren Mann durch die Einlage an seine Frau erfreuen zu wollen", darüber war ich nun ernstlich böse; da Sie aber zu denenjenigen ge- |2 hören, auf die ich böse werden kann, ohne darum aufzuhören S s ie zu lieben, so bin ich es nun nicht einmal mehr, nachdem ich es Ihnen grade heraus gesagt habe.Neuerlich wurde mir das Schreiben, durch eine Unpäßlichkeit erschwert; ich war ziemlich bedeutend krank, an einem bösen Hals, und habe einige Wochen das Zimmer gehütet und gedenke erst morgen wieder auszugehen. Daß Sie die Freude hatten, Ihren Herrn Vater wiederzusehen , habe ich mit herzlicher Theilnahme vernommen und wenn Sie auch nicht mit ihm bleiben können, so ist schon der Gedanke erquickend, daß er noch lebt; ich habe solche Freude schon lange nicht mehr. Die Durchreise der Herzogin von Curland durch Baireuth mit ihrer Tochter Hohenzollern und der Gr. Chassepot , wird Ihrem lieben Mann und auch Ihnen, das erlebte und beschriebene Löbichau wieder erneuert haben; auch ich hatte eine angenehme Erneuerung jenes Aufenthalts, durch die Erscheinung |3 der ältesten Tochter der Herzogin, den Tag nach ihrer Trauung mit dem Graf Schulenburg, ein Ereigniß daß mir Freude machte; es ist mir lieb, diese liebenswürdige Frau, nun in reellen Verhältnißen zu wißen, über die sie sich mit rühmlicher Ansicht, sehr offen gegen mich äußerte; sie brachte mit ihren Mann, einen halben Tag bey mir zu und meine besten Wünsche empfingen und begleiteten sie. Der alte Schink und H. v. Firks verweilten auch bey uns, bey ihrer Rückreise. Der schwarze Herr , von dem Ihnen Ihr lieber Mann auch wird erzählt haben, soll ganz außer sich für vor Betrübniß gewesen sein, als er den Schauplatz seiner Grobheit und Weichleichkeit hat endlich verlaßen müßen; mehrere Scenen über von ihm, sind noch bis hierher erschollen, wovon die eine, eben nicht sehr von geistlicher Farbe war. Ich hörte, daß Ihr lieber Mann, noch so schöne Aufsätze in Löbichau mittheilte , als ich schon abgereiset war. |4 Darum gekommen zu seyn, thut mir sehr leid; unendlich lieb und schätzbar bleiben mir die paar Wochen, die seine Gegenwart in Löbichau, so gehaltvoll machte; sagen Sie ihm doch, nebst den herzlichsten Grüßen von mir und meinem Sohn der sich auch Ihnen aufs Angelegentlichste empfielt, daß der arme Student wirklich den Freytisch bekommen hat , zu deßen Verwendungsbrief, er so freundlich das Licht verschaffte; ich erzählte dem armen Menschen diesen Umstand und machte ihm Freude damit, noch ehe die Erfüllung seiner Bitte erfolgte; nun sieht er nicht mehr verhungert aus und kann sorgloser studieren. Der Winter kömmt mir recht unbehaglich vor, nachdem wir drey Sommer nach einander, durch den Aufenthalt in Italien gewannen; die Luft ist so wenig belebend.

Sagen sie mir doch ja recht bald etwas von Sich und allen lieben Ihrigen. Ihre lieben Kinder grüße ich erst alle zusammen und dann jedes einzeln, eben so wie ich sie liebe.

Neulich machte ich die Bekanntschaft des alten Leg.R. Mathei, ich freute mich in ihm einen warmen Verehrer Ihres lieben Mannes zu sehen und übernahm gern die Erfüllung seines Wunsches seine frohe dankbare Erinnerung an die Freude über den so freundlichen Empfang in Ihrem lieben Hause auszudrücken.

Nun sagt Ihnen ein herzliches Lebewohl Ihre treue Freundin Ende.

Zitierhinweis

Von Henriette von Ende an Caroline Richter. Leipzig, 13. November 1819, Sonnabend . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0619


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.